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Oft wird die Hostie von Thieren angebetet, wenn der Mensch sich dessen weigert, um die Letzteren desto tiefer zu beschämen. Als ein Ungläubiger die Transsubstantiation leugnete, weihte der heilige Antonius von Padua eine Hostie und sogleich kniete ein Pferd vor derselben nieder.

Gar lieblich sind die kleinen Legenden von geraubten und weggeworfenen Hostien, die von unvernünftigen Thieren angebetet werden, zur Beschämung der Menschen. Nach Cäsarius von Heisterbach IX. 7. stiessen Stiere am Pflug auf eine in's Feld weggeworfene Hostie und knieten augenblicklich vor derselben nieder. Nach Pater Abraham, Judas II, wurde eine mitten im Winter in den Schnee geworfene Hostie vom kleinen Zaunköniglein verehrt. Nach Murer, Helvetia sancta S. 349, verehrten sogar einmal Schweine die in Nesseln geworfene Hostie, zu Ettiswyl. Dasselbe berichtet auch Corneri chron. ad annum 999 bei Eccard, script. rer. Germ. II. 556. Auch ein Esel kniete vor einer weggeworfenen Hostie, Wolf, deutsche Märchen Nr. 173. Ein Pferd, Pauli, Schimpf und Ernst Nr. 516.

Eine Hostie fällt in einen hohlen und abgestorbenen Baum, sogleich grünt und blüht er. Eine fällt auf einen Stein und drückt ihr Bild gleich in ihm ab. Pater Abraham, Judas II. 148. Eine war ein Jahr lang in einem Kasten eingeschlossen, als sie plötzlich zwischen vielen goldnen Aehren daraus hervorwuchs. Silbert, Legenden I. 294.

Anna Vögtley, eine Zauberin, sammelte in der Schlucht von Pfeffers um Mitternacht Zauberkräuter und musste sich dazu einer magischen Kerze bedienen. Um den Zauber noch kräftiger zu machen, brauchte sie eine Hostie und raubte dieselbe. Allein nun umgab sie in der Wildniss des Gebirges eine solche Menge von höhnenden Teufelslarven, dass sie aus Angst die Hostie wegwarf in die Dornen. Sogleich blühte aus den Dornen eine silberne hellleuchtende Rose als Monstranz um die Hostie; Hirten fanden sie und man baute darüber die Capelle von Ettiswyl. Gedicht von Justinus Kerner.

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_420.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)