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sind und das Land entvölkert ist," spricht der Herr. So tritt nun Jesaias das Prophetenamt an, ganz so wie die troische Cassandra das Amt der Sibylle, denn es ist ihm verheissen, dass Niemand auf ihn achten werde. Seine ersten Weissagungen noch unter König Ahas beziehen sich auf die Strafe der Sünder und auf das endliche Erbarmen Gottes, der den Messias senden werde. Da die letzten Weissagungen dasselbe noch kräftiger wiederholen, übergehen wir sie hier, um am Schluss darauf zurückzukommen, und gehen zu den Weissagungen über, die in die Regierungszeit des guten, aber schwachen Königs Hiskia fallen.

Hiskia liess sich in ein thörichtes Bündniss mit Aegypten wider Babylon ein. Jesaias ging fortan barfuss und im Busskleide, um im Voraus den Untergang des Reichs zu betrauern. Aber man glaubte ihm nicht. So nahe die Gefahr war, kam man zu[WS 1] keinem oder nur zu verkehrtem Entschlusse. Dieses fruchtlose Gezänke schildert der Prophet mit colossaler Ironie: „Das ist ein Tag des Trübsals, Scheltens und Lästerns, und geht gleich als wenn die Kinder bis an die Geburt kommen sind und ist keine Kraft da zu gebären." Verwandt damit sind die Schilderungen der Eitelkeit und Arglist, die ihr Unwesen forttreiben, ohne zu ahnen, dass der Tod hinter ihnen ist. „Mit Stroh geht ihr schwanger, Stoppeln gebäret ihr, das Feuer wird euch verzehren. — Sie brüten Basiliskeneier und wirken Spinnweb. Isst man von ihren Eiern, so muss man sterben; zertritt man's, so fährt eine Otter heraus. Ihr Spinnweb taugt nicht zu Kleidern etc." — Der übermächtige Feind rückt heran; da erkennt Hiskia Gottes Gerichte und thut Busse, betet und jammert. Nun ist es aber der Prophet, der ihn tröstet und in seinem Kleinmuth erhebt und ihm weissagt, Sanherib und sein gewaltiges Heer, das damals wider Aegypten zog und Jerusalem, als der Aegypter Bundesgenossin, schwer bedrohte, werde selber untergehen. Sanheribs Heer wurde vom Würgengel geschlagen, worunter die modernen Erklärer eine plötzlich ausgebrochene Pest verstehen. Herodot erzählt das Mährchen, die

Anmerkungen (Wikisource)

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 438. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_438.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)