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vornehm und gelehrt, war ein christlicher Cicero. Das grösste Ansehen erwarb ihm seine lateinische Bibelübersetzung. Er führte gleichsam Christum bei den lateinisch redenden Völkern ein, wie ihn Johannes der Täufer zuerst den Juden verkündet hatte. Desshalb wird der heilige Hieronymus öfter als Nachfolger Christi mit Johannes als dem Vorläufer zusammengestellt. Vgl. Kunstblatt 1846. Nr. 28. Daher auch die Uebereinstimmung im Einsiedlerleben Beider. Auch der heilige Hieronymus lebte in der Wüste, wo ihn einmal ein himmlischer Posaunenschall erschreckte, und wo sich ein Löwe zu ihm gesellte, dem er einen Dorn aus der Tatze zog und der ihm fortan wie ein Hund folgte. Zur Busse pflegte er sich mit einem Steine auf die Brust zu schlagen. In allen diesen Situationen ist er oft gemalt worden. Auch wenn er im vollen Purpurornat eines Cardinals erscheint, hat er den Löwen bei sich. Correggio malte ihn in Parma mit einem grossen Buche vor dem Christkinde, dem ein Engel eine Stelle des Buches zeigt. In seinem Leben und Wirken spiegelt sich die Verschmelzung zweier ursprünglich heterogener Elemente im Christenthum, nämlich des orientalischen Wüstenlebens mit der römischen Pracht und Vornehmheit, das Anachoretische und das Hierarchische.

St. Ambrosius stammte (im 4ten Jahrhundert) vom altrömischen Patriciat her und vereinte alte Römertugend mit der Würde des Seelenhirten. Mit ihm kam, wie am besten Gfrörer in s. Kirchengeschichte II. 587 f. dargethan hat, Mannheit und grosse Politik in die abendländische oder lateinische Kirche, während die morgenländische oder griechische von Sophisten und Schwächlingen zerrissen wurde. Obgleich er nicht Papst, sondern nur Erzbischof von Mailand war, so besass er doch den Einfluss eines Papstes. Als Kaiser Valentinian und seine Mutter Justina die Arianer (Leugner der Dreieinigkeit) begünstigten und denselben eine Kirche in Mailand übergeben wollten, weigerte sich Ambrosius standhaft, liess sich Tag und Nacht in der Kirche belagern und gab nicht nach. Um das Volk, das ihn in dieser

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 489. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_489.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)