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Denkw. XII. 402. Sehr oft ist auch der behauene Stamm wenigstens grün gemalt. Waagen, Deutschland I. 106. Als Baum des Lebens ist das Kreuz Christi dargestellt am Grabmal der heiligen Elisabeth. Münter, christl. Sinnbilder II. 46. Als Baum des Lebens auch in Klingsors Räthseln im bekannten Sängerkrieg auf der Wartburg. Zuweilen als deutscher Maibaum. Hofmann, horae belg. II. 25. Vgl. den Artikel Crucifix.

Im Ganzen der Tradition getreu, im Einzelnen aber freier behandelt und in schöner poetischer Abrundung erscheint die Legende vom heiligen Kreuz in Calderons la sibila del Oriente (Seherin des Morgens). Hier ist es die Königin von Saba selbst, die dem König Salomon das Wunder des heiligen Holzes enträthselt. Adam, sagt sie, sandte auf dem Todtenbette seinen frommen Sohn Seth zum Paradiese zurück, Gott um „das Oel des Erbarmens“ anzuflehen. Aber der Engel, welcher das Paradies hütete, wies dem Seth einen mitten unter den grünen Bäumen des Paradieses einsam stehenden, ganz dürren Baum, den Baum des Todes. Als Adam die trostlose Botschaft bekam, starb er gleichwohl in der Hoffnung, aus seinem Grabe werde der Baum des Lebens wachsen. Da wuchs aus seinem Grabe ein Oelbaum, und von diesem pflückte nach der Sündfluth die Taube Noä das berühmte Blatt, das sie zur Arche trug. Noah aber pflanzte das Blatt mit dem daran hängenden Zweiglein auf den Berg Libanon, und es wuchs ein Stamm, der nicht mehr Oelbaum, sondern dreifach zugleich Cypresse, Palme und Ceder war. Als Salomon nun den Tempel baute und unter vielen andern Bäumen auf Libanon auch diesen fällen liess, ward er unbrauchbar gefunden und als Brücke über den Bach Kidron gelegt. Hier nun erkannte ihn die Königin von Saba und sah in einer Vision den am Kreuz hängenden Heiland und sein Blut in Gestalt von Rosen und Nelken vom Baume niederfallen. Da wollte sie die Erste seyn, die dem Heiland sein Kreuz tragen helfe, und legte zu seiner Erhebung die erste Hand an, unterstützt dabei von Salomon.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 512. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_512.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)