Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I p 017.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Christi geworden ist, indem sie jedes christliche Symbol auf irgend ein heidnisches zurückzuführen und alles specifisch Christliche in blossen Dunst und Wiederschein des Heidenthums aufzulösen trachten. Die blosse Möglichkeit eines solchen Versuchs beweist, wie sehr die alte Erkenntniss in unserer Generation verdunkelt ist. Sonst hätten die modernen Symboliker doch erröthen müssen, den Zeitgenossen zuzutrauen, dieselben würden, wenn auch ein ähnlicher Stein dem gothischen Dom eingefügt ist, wie den Tempeln zu Athen und Memphis, den ganz verschiedenen Geist und Styl, in welchem sie gebaut sind, nicht zu unterscheiden wissen, oder die Taube vom Jordan nicht von der im Myrthenhain zu Paphos? Wieder andere Gelehrte haben das christliche Symbol nur in seinen Karikirungen im Talmud und Koran und bei den Sekten aufzusuchen und zu erörtern geliebt. Aber bleibt denn das edle Menschenantlitz weniger ideal, weil es auch zum Affen verzerrt werden kann?

Die Symbolik ist Offenbarung Gottes im Bilde und Andacht der Menschen im Bilde, dort in aller Weise klar und sicher, unumstösslich, unwandelbar, imperatorisch wie eine höhere Mathematik, hier dem Wechsel der Zeiten und des menschlichen Geschmackes unterworfen, in Zeiten der Gottesfurcht und Gottesminne von rührender Einfachheit, Wahrheit und Schönheit, in Zeiten des Zweifels, der Eitelkeit und Neuerungssucht dagegen abirrend von der Wahrheit, überkünstlich, zweideutig und mannigfachen Häresien dienstbar. Von oben her ist das

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite X. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_p_017.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)