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Die Brücke reicht bis über die Poen[s 1]
Da dürffte niemand übergehn
Er wolte den Opffern Radagast
Der sass in einem grossen Pallast
Unter vielen Göttern eben
Alle Wenden müssen ihm Opffer geben.

Das IIX. Capitel.
Vom Prone dem Gott.

PRone der wohnt zu Stargard weit Prone, Holstedt, Holsat.
Heist Aldenburg welche in Holsted leit
Aussen der Stadt das was sein Anger
Auf einer Eichen verzaunet durch Pranger
In seine Anger gingen ein 2. Pforte,
Da lieff man zu von allem Orte
Sein Bild stund auf einer Eichen Glantz
Um ihn den Gott ein grosser Tantz,
Da pflegen sie hin zu kommen alle
Jeglich Wochen mit grossem Schalle
Der Priester und des Priesters alten
Der Eichen alleine hatten zu gewalten,
Des Volckes greiff die niemand an,
Es wären Frauen oder Mann.
Bey deme Gott schwur niemand nicht
Und kam es aber von ungeschicht,[1]
Und dass er falsch schwur bey dem Gott
So kam er bald in Todes Noth
Tausend Götter stunden im Ring
Mit ihren Köpffen in seltzsahm Ding
Etzlich zweyen, dreyen und mehr
Von dem so gab ihrer Priester Lehr.

Das IX. Capitel.
Von Siva der Göttinnen.

ZU Ratzeburg in dem lustigen Ahrt Siwa.
Man Sivam ehrete zu der Fahrt
An der Pegnitz mit Silber und Gold
Der Göttin was man sünderlich hold
Sie was geziehret hoch mit Lusten
Mit Rosen und Lilien an die Brusten.

Das X. Capitel.
Von Svantevit[s 2] dem Gott.

IN Rügen der Insulen alt bekant Svantewit.
Liegt ein Stadt Archuna[s 3] genant
Gantz lustig und etwan fast und starck
Am Meer darinnen war sünder arg
Im Mittel ein Tempel gross und fein
Einen Gotte gemacht mit grossen Schein
Der hatte vier Stirn und Augen darnach
Damit er an alle Orte sach.
Ein Horn trug er in der rechten Hand
Ein Pferdes Sattel hing an der Wand
Zu deme so kommen alle Jahr
Die Wenden im Herbst, das ist wahr,
Und brachten dem Gott Silber und Gold
Sein Priester der hatte reichen Sold
Er hatte einen Bart, der was wat lang
Sein Haar zurück in Schnürlein zwang
Gleichwie die Mägdlein Zöpffe tragen
Dem kamen viel Opffer in sein Kragen
Wann er den ersten Tag bedacht
Das Amt, den andern Tag er bracht
Das Horn und schauet das gar gleich,
Und was das voll, so rieff er reich,
Wollen wir leben alle dis Jahr!
Was es aber leer vor war,
Es wird ein Theurung dis Jahr werden
In diesem Ort und unser Erden.
Darnach so trang er nicht geringe
Das Horn gantz aus war sein Gedinge
Und füllet das wieder, und liess es stahn
Bis über ein Jahr, die Frauen und Mann
Die Zeit auch kauffen der Fische viel
Hering den fing man zu dem Ziel.
Ich bin noch nicht berichtet eben
Was Nahmen dem Gott erst was gegeben
Woll find ich dass Kayser Carolus Sohn
Von Franckreich König Ludwig schon
Der sandte ihn etliche Mönche dar
Von Corvei mit Sanct Viti Lahr
Sanct Vit sie solten ehren alle
So nahmen sie bald mit grossen Schalle
Und satzten ihren Gott an seiner Statt
Erworchten die Mönchen aus bösen Rath
Und nanten ihren Gott Svantevit,
Von Dennemarck Boldomar[s 4] nach der Tit
Ein König gewahn die Stadt und brach
Den Tempel zustört, in ungemach
Ihr Gott do kam, man nahm das Bloch
Die Speise mit machte des Königes Koch.
Man lest den Teuffel gantz schwartz und wilde
Selbst viert er ausfloh von dem Bilde.

Das XI. Capitel.
Von dem Flinss dem Gott.

DIe Lausitzern hatten auch einen Gott Flins.
Und hielten mit die Wendisch Gebott
Auf seiner Schulter er trug gar schon
Einen Löwen der was so gethon.
Er rieff wohl in der Lufft gar helle,
Sie hofft nach ihrem Tod gar schnelle,
Er sie sollt wecken und bringen mit Schalle
Zu dem lustigen Paradise alle.

Das XII. Capitel.
Von dem Begräbniss der alten Obetriten.

DEr Obetriten Begräbnis schlecht Modas Sepultura Obotriterum.
Auf Bergen darumb gantz gerecht
Gelegt Steine gross im Ring
Dass was uff die Zeit ein herlich Ding.
Im Mitten da wurden die Herren begraben,
Oder ander herrlich und mächtige Knaben.
Der ist das Land noch allenhalben voll
Dabey man sie erkennen soll
Ein Theil haben auch verbrennen lassen
Gelegt im Krüge recht an die Strassen
All man jetzo zu grossem Heil
Herren Heinrichen dem Fürsten gebracht ein Theil,
Ungefehrlich ausgraben und funden
Dem löblichen Fürsten bey sein Stunden
Er würdig, dass er erst möge schauen
Seiner Vorfahren Altheit mit seinen Augen
Die Lande haben itzt noch vor Sitt
Der kömt den Schyten eben mit.
Wann ehr der Frauen verstirbt der Mann
Ihr besten Braut-Kleider thut sie an
So hilfft sie ihn zu Erden tragen,
Ist wohlgeziert, ich will das sagen,
Die Nacht auch weil die Leich noch stet,
Man trauret nicht fast es ist ihr söt,
Sie trincken und murmeln die gantze Nacht,
Nach Schytischer Weise, als hergebracht.


  1. I. e. ohngefehr, unversehens, forte fortuna. Histor. Lomb. de S. Ambros. princ.

Anmerkungen Wikisource

  1. Peene: Fluss in Vorpommern
  2. Svantevit: slawischer Gott
  3. Kap Arkona mit dem Zentralheiligtum
  4. Waldemar I. der Grosse: König von Dänemark (1153–1182)
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Marschalk: Chronicon der mecklenburgischen Regenten. Martini, Leipzig 1739, Seite 571. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Chronicon_der_mecklenburgischen_Regenten_571.jpg&oldid=- (Version vom 28.12.2021)