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Welcher der Kirchen abebricht,
Und nicht dem Käyserthut sein Pflicht.
Der Löwe hatt in seinem Rahte,
Die lagen ihn an, beyde früh und spate,
Die Geistlichkeit er solte schatzen,
Am Ende so süsse zu ihn thaten schwatzen,
Dass er, so weit was all sein Land,
Aufhub den Jahr-Zinss in sein Hand,
Davon, die geistlich, solten leben,
Von Fürsten ward Beschloss gegeben,
Seinen Muthwill möchten steure,
Von Dennemarck Christoph bliess das Feure,
Von Rügen der Fürst Visla auch.
Hertzog Vratisla aus Pommern gefiel der Rauch,
Zwene Johann von Werla storben under
Der Bischoff von Schwerin trug zu das Zunder
Der war gebohrn von dem Maltzahn;
Den Löwen tasten Sie männiglich an,
Graff Heirich von Schwerin war sein Geselle
Der muste erst leiden das Ungefälle,
Von der Stür bis an Schwerin
Sie wusten so, es sah nicht fin,
Mecklenburg gewonnen ohne Wehre,
Verwüsten die Stadt, stehet noch so leere, Zerstörung der Stadt Mecklenb.
Des Bischoffs Bruder worden des froh,
Sie hülffen ihm rauben, und wüsten do,
Buckau dazu Dobberan,
Des Löwen Adell und armen Mann,
Sie fingen und brandschatzten, ohn jedes Danck,
Ein Gerüchte kam, man sprach und sanck,
Der Löwe der muste im Kindbett liegen
Sonst solte er kaum so stille schwiegen,
Ich weiss nicht wie sie rieffen helle,
Der Löwe wird erwachen schnelle,
Er sprach: Sie sollen bald schaue
Ob ich noch sey ein Wochen-Fraue.
Des Morgens als die Sonne aufging,
Viertzehen Feür in einem Ring,
Viel Dörffer man do sach,
Der Bischoff kam in Ungemach,
Bützau, Warin der Löwe Beran,
Darnach die Werlisch Herrn griff an,
Die kommen entgegen mit grosser Krafft,
Er gewann aus ihrer Ritterschafft,
Dreyhundert wohl gewapnet Hild,
Der Hauptmann flohe, liess Speer und Schild,
Die Herren von Werla werden bezwungen,
Und was ihm hatten abgedrungen,
Müssen ihm alles wieder geben,
König Christoph dacht, will er so leben,
Viel besser, wer sein Freundschafft hat,
Bald schickt zu ihm sein heimlich Rath,
Und was ihm König Erich etwan gegeben,
Rostock bestättiget, nun mercket eben,
Dazu ihm Falster[1] gab und Möhne, [2]
Das liegt in Dennemarck hoch und schöne,
Er zog auch fort in Rüger Land,
Er raubet, und auch die Häuser brand,
Da nun Wisla war gestorben todt,
Ein Beute ihm hat bescheret Gott.
Gewann Loitze und das Land Bart,
Trübsees das hatte die Fürstin zart
Zum Leibgeding, das ward verrathen
Herrn Johann von Werla, böse Leute das thaten,
Und als der Löwe so stund im Rache,
König Christoph schick ihn Bottschaft jache,
Um Hülffe, so liess er fallen den Streit,
Hertzog Wratisla von Pommern geräthe die Zeit
Er wolte in Rügen nichts anden,
Bis er kam wieder zu seinen Landen;
Aber als der Löwe gekehrt den Rücke,
Das Land zu Bart gewann mit Glücke,
Und kurtz hernach so starb er todt,
Darnach so hub sich weiter Noth,
Reinwart von Pentze der ward do eben,
Hertzog Wratisla Kinder zu Vormund gegeben
Der nahm mit Verrähterey gar liese,
Des Löwen gewonnene Stadt Loitze
Durch Johann von Dottenburg gar eben,
Und Bartold Keding ward übergegeben,
Und verbrandten, welche hatten dem Löwen gethan
Die Stadt; die Pommern dachten fortan,
Sie kauffen ihm abe, was er gewonnen,
In viertzehen Jahr in besten besonnen,
Er war auch nach Wislai Sterbe,
Zu Rügen ein natürlich Erbe,
Gaben ihm vom lauter Silbern Marck,
Ein und dreissig taufend ohne argk.

Das LXV. Capitel.
Von dem Testament und Sterben des Löwen.

WAnn wir lange die Schiebe getrieben, Testamentum & Obitus.
Zuletzt so mögen wir ja nicht blieben,
So folget uns doch von Erden nicht,
Den gute Wercke und löblich Geschicht.
Das Kalte genant von Art Quartan,
Das stiess den theuren Herren an,
Sein Testament er balde macht,
Zum Sternberg, und sich selbst bedacht,
Dann je es wird vergessen offte,
Des Todten, do er fast zu hoffte,
Seine treueste Räthe er Vormündern liess,
Er dachte seinen Ohmen möchten Verdriess
Tragen, der Bürde auf sich zu laden;
Sein Hoff zu Ribbenitz, ahn sein Schaden,
Er hiess zu einem Closter bauen
Sanct Clara, das hat ihn nicht gerauen,
Seine älteste Tochter, Anna genant,
Die zog darin nach guter Hand,
Der gab er mit Wüstrau das Guth,
Und dachte fort an in seinem Muth,
In deinem Land ist aufgericht,
Die Bauren geben neue Pflicht,
Das ist der Bär und Hunds-Korn,[3]
Gegen Gott mir möchte machen Zorn,
Befahl seinem Kind bey ewiger Pein,
Sie solten den Bauren gnädig seyn,
Zu ewiger Zeit ihr Erbe und sie
Das Hundekorn nicht nehmen je.
Dem Closter, do sein Gebeine solt warte,
Bis an den jünsten Tag gar zarte,
Ein gülden Gespan und Kopff von Golde,
Er gab, fünff Pfund er wiegen solte,
Von lautern Golde, dazu sein Pferd,
Das war wol hundert Marck wehrt,
Darnach er sprach, nun schicket recht
Nach dem obersten Herrn, sein Knecht

  1. Falster, eine Insul unter Seeland.
  2. Möhne zwischen Seland und Falster, Insula.
  3. Bär idem ac Gebühr, unde Böhren idem ac heben, tragen. Orbär, Urbär i. e. exhibitio, Uebergifft, Abgifft, [617] Ab- oder Ertrag. Indubie ab Er seu Ur & beran uti docet Schilter in Glossar. p. 818. Venit haec vox in chartis saepius sub nomine Bede, Orbede, Beda, item Precaria. Vulgo enim a petendo derivari solet. Rectius forte von Bieten, Gebiethen, postulare. Quo sensu occurrit vox Beta apud Otfridum & Notkerum. Baedde, Anglo-Saxonicum, idem est ac tributum, exactum, praestatio, census, Stiura, species contributionis, [618] sub cujus nomine haud raro vox Beda in chartis venir. Proinde Bedefrey notat immunitatem a censu, Baerleute, Urbarsleute sunt emphyteutae, Urbarsbücher libri censuales. Pertinet ad Bedae seu praestationum & exactionum genus Annona Canum, die Hunds-Frucht, Hundkorn. Plura de his nominibus in Tr. de Consuetud. p. 517 sq. & in Specim. Docum. p. 74. ex chartis Mecklenburgicis.
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Marschalk: Chronicon der mecklenburgischen Regenten. Martini, Leipzig 1739, Seite 615. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Chronicon_der_mecklenburgischen_Regenten_615.jpg&oldid=- (Version vom 25.7.2023)