Seite:Clavigo. Ein Trauerspiel (Goethe) 1774 - 013.jpg

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an einem Mädchen gelegen, ob ihm das Herz bricht? Ob es sich verzehrt und sein armes junges Leben ausquält?

Buenko. Um Gotteswillen Mamsell.

Marie. Ob’s ihm wohl einerley ist – daß er mich nicht mehr liebt? Ach! warum bin ich nicht mehr liebenswürdig? – Aber bedauern, bedauern sollt’ er mich! daß die Arme, der er sich so nothwendig gemacht hatte, nun ohne ihn ihr Leben hinschleichen, hinjammern soll. – Bedauern! Ich mag nicht von dem Menschen bedauert seyn.

Sophie. Wenn ich dich ihn könnte verachten lernen, den Nichtswürdigen! den Hassenswürdigen!

Marie. Nein, Schwester, ein Nichtswürdiger ist er nicht, und muß ich denn den verachten, den ich hasse! – Hassen! Ja manchmal kann ich ihn hassen, manchmal, wenn der spanische Geist über mich kommt. Neulich, o neulich, als wir ihm begegnet hatten, sein Anblick würkte volle warme Liebe auf mich! und wie ich wieder zu Hause kam, und mir sein Betragen auffiel, und der ruhige, kalte Blick, den er über mich herwarf an Seite der glänzenden Donna; da ward ich Spanierin in

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Johann Wolfgang von Goethe: Clavigo. Ein Trauerspiel. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Clavigo._Ein_Trauerspiel_(Goethe)_1774_-_013.jpg&oldid=- (Version vom 5.1.2019)