Seite:Clavigo. Ein Trauerspiel (Goethe) 1774 - 063.jpg

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zu heurathen, weil sie schön ist wie ein Engel! Gut, der Mensch wird getadelt, und doch beneiden ihn die Leute.

Clavigo. Die Leute, immer die Leute.

Carlos. Du weißt, ich frage nicht ängstlich nach andrer Beyfall, doch das ist ewig wahr: wer nichts für andere thut, thut nichts für sich, und wenn die Menschen dich nicht bewundern, oder beneiden, bist du auch nicht glücklich.

Clavigo. Die Welt urtheilt nach dem Scheine. O! wer Mariens Herz besitzt, ist zu beneiden!

Carlos. Was die Sache ist, scheint sie auch. Aber freylich dacht ich, daß das verborgene Qualitäten seyn müssen, die dein Glück beneidenswerth machen, denn was man so mit seinen Augen sieht, mit seinem Menschenverstande begreifen kann –

Clavigo. Du willst mich zu Grunde richten.

Carlos. Wie ist das zugegangen? wird man in der Stadt fragen. Wie ist das zugegangen? fragt man bey Hofe. Um Gotteswillen, wie ist das zugegangen? Sie ist arm, ohne Stand, hätte Clavigo nicht einmal ein Abentheuer mit ihr gehabt, man wüste gar nicht, daß sie

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Johann Wolfgang von Goethe: Clavigo. Ein Trauerspiel. Weygandsche Buchhandlung, Leipzig 1774, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Clavigo._Ein_Trauerspiel_(Goethe)_1774_-_063.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)