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Allein gleich nahe stand dem König ein anderer Mann, vielleicht noch unentbehrlicher für seine künstlerischen Unternehmungen, als Cornelius, der Architect der Glyptothek, Leo v. Klenze. Das Vertrauen des Königs in derselben Angelegenheit zu zwei, obendrein in Charakter und Kunstrichtung verschiedenen Männern gestattete keine Theilung, so wenig, als ihr Einfluss auf Ihn. Diese Betrachtung hatte schon früher den Cornelius bestimmt, der dringenden Aufforderung des damaligen Kronprinzen, nach München zu kommen, zu widerstehen;[1] jetzt glaubte er sich fester in der Gunst des Königs und ausserdem durch seine Stellung als Director der Kunstakademie gesichert.

Unbefangen – in der Meinung, dass für malerische Ausschmückung eines Gebäudes Vorschläge zu machen, in seinem Wirkungskreis läge, hatte er für den Corridor der neuen Bildergalerie (der Pinakothek) sowie für das neue Königsschloss (den Neuen Königsbau) dem König Vorschläge unterbreitet, welche derselbe – was die Pinakothek betrifft unter Belobung der glücklichen Stoffwahl, genehmigte. Der Gegenstand dieser Bilderfolge sollte der Geschichte der Künstler, insbesondere der Maler entlehnt werden, deren Werke die inneren Sääle schmückten. Nicht allein an das Neue und die Schönheit der Aufgabe hatte Cornelius dabei gedacht, sondern vornehmlich an die Fortbildung seiner Schule in seinem Geist und Sinn. Er erbot sich die Entwürfe zu machen, und unter seiner Oberleitung von seinen Schülern nach seiner Wahl ausführen zu lassen; eine auf eine Reihe von Jahren berechnete Arbeit, aus welcher offenbar eine erprobte Schule hervorgehen musste. Freiheit war den Einzelnen genug gegeben in der Durchbildung der nur ganz im Allgemeinen angegebenen Motive, während die Auffassung des Meisters im Ganzen den einheitlichen Charakter des Werkes sicher stellte.

Unverkennbar wäre eine solche Schule nicht nur die Erfüllung von Cornelius früheren Wünschen und Hoffnungen und somit eine grosse Lebensfreude gewesen, sondern auch ein Zuwachs seines Ansehens und seines Einflusses. Dass v. Klenze dabei nicht gleichgültig bleiben würde, war um so sicherer vorauszusehen, als Cornelius eine an ihn im Auftrag des Königs von der k. Hofbauintendanz gerichtete Anfrage über v. Klenzes Decorations-Voranschläge für die Gemäldesääle nicht zu dessen Zufriedenheit beantwortet hatte. Dennoch war er aufs äusserste überrascht, als ihm plötzlich (unterm 25. Dec. 1827) von der k. Hofbauintendanz ebenfalls im Namen Sr. Majestät die Mittheilung gemacht wurde, dass für die Anfertigung der Cartons und Malereien für die Loggien der Pinakothek ein Contract mit Professor Cl. Zimmermann abgeschlossen worden, dem zufolge ihm selbst nichts blieb, als die Entwerfung der Compositionen, ohne irgend ein Verfügungsrecht über ihre Ausführung. Damit war er ins Herz getroffen; seine Hoffnung für die Schule in Trümmer geschlagen. Jeder Versuch eine Veränderung des königlichen Willens herbeizuführen war vergebens; die Flamme der Begeisterung im Herzen des Königs für „seinen, nun ganz seinen Cornelius“ war, wenn auch noch nicht erloschen, doch tief herab gebrannt; Cornelius sah sich, was er früher schon gefürchtet und vorsichtig vermieden hatte, nun wirklich „in den Winkel geschoben.“

Das war des Schlimmen zuviel für ihn; und wie einst Michel Angelo, als ihm der Papst die Audienz verweigert, sein Bündel geschnürt und Rom verlassen hatte, so fasste Cornelius den Entschluss, München und Bayern den Rücken zu kehren und sein Zelt wieder in Preussen aufzuschlagen. Er schrieb desshalb an seinen vertrauten, treuen und einflussreichen Freund, den Staatsrath Niebuhr in Bonn, um mit ihm die für die Ausführung des Planes nothwendigen Schritte zu besprechen. Allein auf irgend eine Weise musste sein Vorhaben ruchbar geworden und dem König zu Ohren gekommen sein: ungesäumt kamen inhaltschwere Anträge an Cornelius; denn ihn zu verlieren hatte der König nicht beabsichtigt.

König Ludwig beschloss, eine neue, seinem Namenspatron gewidmete Kirche in München zu erbauen, und Cornelius sollte sie ausmalen! Das war freilich ein entscheidender Schachzug gegen die Uebersiedelung nach Preussen! Höchst Gewisses gegenüber von höchst Ungewissem; dazu die Aussicht auf die Ausführung eines seit vielen Jahren im Stillen gepflegten Gedankens eines grossen christlichen Epos, zu welchem die St. Ludwigskirche, für die er seinen Freund Gärtner als Architekt mit vollem Erfolg empfahl, ihre Räume anbot. Der Fluchtgedanke ward aufgegeben; Niebuhr davon in Kenntniss gesetzt; die Pinakothekfresken mit allen daran geknüpften Hoffnungen


  1. Cornelius an Schlotthauer: Düsseldorf 1822. „Bei Euch muss immer ein Dictator sein. Ich aber habe wenig Lust, unter Klenzes Oberherrschaft eine immer gelähmte und nur halbe Wirksamkeit zu wählen. . . . Wenn es meine Sache nicht ist, mich vorzudrängen, so lasse ich mich auch nicht in den Winkel schieben. „Ringseis an den Kronprinzen: München, Jan. 23. „Es trennt den Cornelius und Klenze nicht blos die Verschiedenheit ihrer Richtung in der Kunst, sondern des ganzen Charakters.“ – S. E. Försters, Cornelius, ein Gedenkbuch, Berlin 1874. I. S. 262.
Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)