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zur Göttlichen Comödie, zum Befreiten Jerusalem und zum Rasenden Roland beschäftigt sah.

„Was der Jüngling verspricht, leistet der Mann auch gewiss!“ hatte Kronprinz Ludwig zu Henriette Herz gesagt; und hat Wort gehalten. Der antiken Sculptur hat er die Glyptothek, der neueren Malerei die Pinakothek gebaut; in grossen monumentalen Bilderfolgen die Dichtungen des Homer und Hesiodus, wie der Tragiker, des Pindar, Theokrit, Anakreon u. A. verherrlicht, dessgleichen die Werke deutscher Dichtkunst von den Nibelungen und dem heiligen Graal, zu Klopstock und Wieland, zu Göthe, Schiller, Tieck u. A. Nicht minder grossartig ist, was er der Kunst aufgetragen, zum Ruhme Deutschlands, seiner Geschichte, seiner grossen Männer aller Zeiten, in mächtigen Bauten, in Marmor und Erz, wie in Gemälden dauernd zu verkünden; in München allein hat er vier Kirchen erbaut, und sie und ausser ihnen die Dome von Speier und Regensburg mit Fresko- und Glasgemälden ausgeschmückt, die in mannigfacher und erschöpfender Weise den biblischen, wie den legendären Stoff behandeln.

Doch wozu noch mehr? Bücher würden nicht ausreichen zur vollkommenen Rechtfertigung des Bildes, mit welchem Cornelius sein Epos von der neueren Kunstentwickelung einleitet, in der

Lunette (Tafel 2)

An der Hand seines Genius tritt König Ludwig in den Palmenhain der Musen, Begeisterung erfasst ihn, wie er sich umgeben sieht von Geistern der Vorzeit, die von Jugend auf seine Seele mit Bewunderung und Liebe erfüllt. Da steht der blinde Sänger der Iliade, neben dem jugendlichen Dichter der Aeneide, zu denen Horaz sich gesellt, Catull und Properz; da sitzt am Boden Dante und lauscht den Worten Beatricens, hinter ihm Boccaccio, welchem Petrarca sich nähert, ohne zu bemerken, dass Laura, die sich an Sappho angeschlossen, auf ihn die Blicke gerichtet. Und wendet der König sich zu seiner Linken, so erblickt er Michel Angelo und Leonardo in tiefen Gedanken, Raphael, den Blick nach oben gerichtet, von wo himmlische Musik erklingt, und unverwelkliche Kränze herabgeworfen werden. Aber auch die Erdenschönheit ist ihm ins Land der Unsterblichkeit gefolgt, die schöne Fornarina. Masaccio und Fiesole, Dürer und Holbein, Van Eyk und Rubens, und wen man noch gern sehen würde von italienischen und deutschen Meistern, können wir uns bei den anonymen Gesichtern denken. (In der Ausführung sind, wahrscheinlich auf den Wunsch des Königs, v. Klenze, v. Cornelius und Zimmermann getreten.)



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/27&oldid=- (Version vom 31.7.2018)