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Loggia V.


Fra Giovanni Angelico da Fiesole.




Der Künstler, dem diese Loggia gewidmet ist steht in der Kunstgeschichte aller Zeiten und Völker als eine einzige Erscheinung dar. Nicht nur dass die Kunst ihm ein unmittelbarer Ausdruck seiner Gedanken und Empfindungen ist, gleich der Sprache, die wir sprechen, ohne sie gelernt zu haben, sondern dass sie nur fromme und heilige Empfindungen, nur tiefinnerste Seelenschmerzen und höchste Seligkeiten ausspricht, dass seine Bilder Gebete sind, die aus dem Herzen quellen und denen scheinbar willenlos die Hand dient – das unterscheidet ihn von allen Künstlern vor, mit und nach ihm!

Giovanni da Fiesole, Sohn eines gewissen Pietro, geboren 1387 bei dem Castel Vicchio in der Provinz Mugello nahe bei Florenz mit seinem weltlichen Namen Guido, trat mit seinem Bruder Benedetto i. J. 1407 in das Predicanten-Kloster zu Fiesole, verliess es aber 1409 heimlich, um bei dem in der Kirche ausgebrochenen Schisma seinem, dem P. Gregor XII. geschworenen Eide nicht untreu zu werden, wandte sich zuerst nach Foligno, später nach Cortona, von wo er 1418 wieder nach Fiesole zurückkehrte. 1436 ward er von Cosmus Medicis veranlasst, in das Kloster S. Marco nach Florenz überzusiedeln; 1445 folgte er der Berufung des Papstes Eugenius IV nach Rom und starb daselbst 1455 in dem Dominicanerkloster S. Maria sopra Minerva, in dessen Kirche sein Grabstein aufgerichtet steht.

Wenden wir unsere Augen zur

Kuppel (Tafel 9),

so sehen wir 4 Bilder aus seinem äusseren, 6 andere aus seinem inneren Leben und eines aus der Zeit nach dem Leben.

Das erste Bild ist die Darstellung seiner Einkleidung als Dominicaner-Mönch, welche von einem ehrwürdigen Prior im Beisein mehrer Ordensbrüder vollzogen ward; im zweiten steht der Baumeister Michelozzo Michelozzi vor Cosmus Medicis, der von Fiesole und einem anderen Dominicaner begleitet die Baupläne des Klosters S. Marco besichtigt, das für den Dominicaner Orden bestimmt und von Michelozzo erbaut werden sollte. Nach seiner Uebersiedelung aus Fiesole in dieses Kloster malte Fra Giovanni alle Zellen des Klosters, grosse und kleine aus, um einem Jeden seiner Klosterbrüder die enge Wohnung lieb und werth zu machen. So finden wir ihn im dritten Bilde an der frommen Künstlerarbeit, zur staunenden Bewunderung einiger seiner Convents-Genossen.

Aus seinem Aufenthalt in Rom, wo er in der Capelle des P. Nicolaus V. die Geschichten der HH. Stephanus und Laurentius, so wie in der (von Paul III. zerstörten) Capelle des Sacraments Begebenheiten aus dem Leben Jesu gemalt, erzählt Vasari eine charakteristische Anekdote, die den Stoff geliefert zu dem vierten Bilde. Er berichtet als Zeugniss für die fromme Sitte Fra Giovannis, „dass als P. Nicolaus V. ihn eines Morgens zum Frühstück einladen wollte, er sich ein Gewissen daraus machte, Fleisch ohne Erlaubniss seines Priors zu essen, der Autorität des Papstes gar nicht gedenkend;“ der ihm dafür seinen päpstlichen Segen ertheilte.

Fra Giovanni malte nur religiöse Bilder, und vorzugweise – wenn er auch Legenden nicht ausschloss – biblische. Da ihm dazu die Evangelien den Stoff lieferten, so hat Cornelius über die Bilder aus seinem Leben die

Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/34&oldid=- (Version vom 31.7.2018)