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kahlköpfigen König David, dem berühmten „Zuccone“, sagte: „So rede doch!“ Er konnte aber nicht reden, nicht nur, weil ihm die Sprache, sondern vielmehr, weil ihm die Seele des hohen Psalmisten fehlte; und so würde auch dem von Prometheus gebildeten Menschen seine Gottähnlichkeit wenig genützt haben, wenn nicht Minerva die Seele hinzugefügt hätte.

Zahlreich sind die Künstler, welche der Periode der vollendeten Kunst unmittelbar vorgearbeitet haben. Nur Einige von ihnen hat Cornelius auserwählt, zur Vertretung für Alle.

Andrea Mantegna, Maler und Kupferstecher, geb. zu Padua 1430 widmete sich einem sehr ernsten Studium der Natur, suchte aber mit gleichem Eifer die Beste antiker Sculpturen, Waffen und Trachten auf, um durch ihr Vorbild die Eindrücke der Natur zu modificieren und in idealer Höhe sich zu behaupten. Dabei hielt er auf einen so strengen Umriss, dass seine Bestimmtheit, so sehr sie die Kenntniss der Formen förderte, als zu hart und trocken von den Nachfolgern gemildert wurde. Er ergründete die Gesetze der Perspective und führte, indem er sie auf menschliche Figuren anwendete die Verkürzungen in seine Bilder ein, um deren Wirkung bis zur Täuschung zu steigern. – Seine Hauptwerke sind die Fresken aus dem Leben des H. Jacobus bei den Eremitanen in Padua, und der Triumphzug des Jul. Cäsar, jetzt in Hamptoncourt, in 9 Cartons. Er starb 1506.

Domenico Ghirlandajo, geb. 1450 zu Florenz, anfangs Goldschmied, dann Maler, zeichnete sich vornehmlich durch ein hochgesteigertes Formgefühl aus, das es ihm möglich machte, die bis dahin vollendetsten Bildnisse zu fertigen. Es überwog bei ihm diess Talent so sehr seine übrigen trefflichen Gaben, dass ihm jeder Gegenstand, die Geburt der Maria, oder die Erweckung eines Kindes vom Tode, die Berufung der Apostel, oder die Verstummung des Zacharias im Tempel, u. s. w. nur dazu diente, eine Menge Bildnisse nach dem Leben dabei anzubringen, über welchen man freilich den Gegenstand selbst aus den Augen verlor, dafür aber nicht nur Beispiele eines feinsten Formgefühls, sondern auch ein bleibendes Gedächtniss einer grossen Anzahl bedeutender Zeitgenossen des Künstlers erhielt. Seine Hauptwerke sind die Fresken in der Sixtinischen Capelle des Vaticans, in S. Trinita und in S. Maria novella in Florenz. Er starb 1495.

Sandro Botticelli, geb. zu Florenz 1437, ebenfalls ursprünglich Goldarbeiter, dann Maler, war einer der ersten, der Stoffe aus der Dichtkunst und namentlich der griechischen Mythologie bearbeitete. Wie sehr er bemüht war, den Anforderungen der Schönheit zu huldigen, zeigt uns u. A. seine meergeborene, vom Frühling begrüsste Göttin (in den Uffizien von Florenz). Er starb 1515.

Andrea del Sarto, geb. zu Florenz 1488, eines Schneiders Sohn, auch anfangs Goldschmied, brachte die Malerei durch correcte Zeichnung, weiche Abrundung, kräftige, harmonische Färbung und meisterhafte Ausführung zu hoher Vollendung, so dass ihm, wie Vasari richtig bemerkt, nur ein lebendigerer, kühnerer Geist fehlte. Dennoch brachte er Werke hervor, wie die mustergültigen Fresken in dem Vorhof der Annunziata von Florenz, mehre Altargemälde in der Galerie des Palastes Pitti, das Abendmahl im Kloster S. Salvi bei Florenz und eine fast zahllose Menge von Fresco- und Oelgemälden. Er starb 1530.

Lunette (Tafel 16).

Der grösste der Vorgänger Raphaels und Michel Angelos und namentlich des Letzteren hohes Vorbild war Luca Signorelli.

Es ist nicht wohl zu erklären, was den Cornelius veranlasst haben kann, einen Künstler, der, ihm geistig so nahe verwandt, von ihm stets in Wort und Werk in höchsten Ehren gehalten worden, so karg zu behandeln, wie hier geschehen. Sollte der freilich ungeheuere Stoff, den die von Luca ausgemalte Capella di S. Brizio im Dom von Orvieto ihm darbot, ihn überwältigt haben, dass er, um nicht zu wenig zu geben, lieber gar nichts darbot? Denn nicht die mühsam gezügelten Greifen, nicht die Mutter Natur, noch ein Paar Brunnenlöwen, viel weniger der Doppelreigen tanzender Grazien kann uns in den Sinn kommen, wo wir an Luca Signorelli erinnert werden, als an den Schöpfer der Darstellungen der über die Welt und Menschheit im Sturm hereinbrechenden Vernichtung, der Schauer der Todten-Auferstehung beim Posaunenschall des Jüngsten Gerichts, des Höllensturzes der Verdammten, der Seligkeit der zu Christus in’s Himmelreich Aufgenommenen.

Luca Signorelli ist um 1441 in Cortona geboren und 1524 in seiner Vaterstadt gestorben.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)