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Loggia III.




Die Voraussetzung aller Kunstentwickelung ist die Architektur. Sie bereitet ihren Schwesterkünsten die Wege und ermöglicht die Entfaltung ihrer Kräfte, indem sie ihnen gesicherte Wohnungen und Wohnsitze bereitet und Monumente errichtet, deren höchste Vollendung durch Gestalt und Bild sie ihnen überträgt. So sehen wir in der

Kuppel (Tafel 42)

König Heinrich I., der sich in der Geschichte den Namen des „Städte-Gründers“ erworben, indem er eine Anzahl Ortschaften mit Mauern umgab und befestigte Plätze anlegte, und dem Bürgerthum damit in festerem Zusammenhang grössere Sicherheit gab, die er noch durch verbesserte Ausbildung der Heeresmacht steigerte.

Das grösste, schönste und bedeutendste Werk deutscher Baukunst ist der Dom von Cöln. Ursprünglich gegründet vom Erzbischof Hildebrandt und dem h. Petrus geweiht, wurde er nach dem Brand von 1080 erneuert. Den Entschluss zu einem ganz neuen und grossen Bau fasste der Erzbischof Engelbert zur Zeit des Kaisers Barbarossa; allein erst der Erzbischof Conrad von Hochsteden führte den Plan aus und legte 1248 den Grund zu dem Neubau, als dessen Meister Gerhard von Cöln gilt. Cornelius hat ihn dargestellt, wie er sein Modell dem Erzbischof zeigt und wie dessen Schreiber die Urkunde über die Gründung des Baues abfasst.

Der Kranz in der Mitte der Kuppel umschliesst das Bildniss des Meister Gerhard von Cöln.

Die Nacht- und Taggruppen, aus der Loggia des Cimabue hier wiederholt, wüsste ich nicht anders zu deuten, als auf den Fortschritt der Architektur von dem romanischen (oder, wie man sonst sagte, byzantinischen) Styl zum gothischen, der jedenfalls eine reichere Formenwelt aufschloss und mit seinen Thürmen hoch zum Licht emporstrebte.

Wir erinnern uns, dass in der Lunette der dritten Loggia der italienischen Abtheilung eine feierliche Prozession abgebildet ist. In der entsprechenden

Lunette (Tafel 43)

der deutschen Abtheilung begegnen wir einer ähnlichen Scene. Der Kaiser Barbarossa hatte aus dem eroberten Mailand die Reliquien der heiligen drei Könige mit nach Deutschland gebracht und sie der Stadt Cöln zum Geschenk gemacht. In einem goldenen Prachtschrein werden sie in Prozession, gefolgt vom Erzbischof und der Geistlichkeit vor dem andächtigen Volke auf blumenbestreuten Strassen durch die Stadt nach dem Dom getragen.

Zwei heilige Legenden sind in die Geschichte der Stadt Cöln verwebt: Ursula, eine christliche Fürstentochter, so erzählt die eine, machte im Jahre 236, als Maximinus Kaiser war, mit 11000 Jungfrauen eine Wallfahrt nach Rom; bei ihrer Rückkehr wurde sie, als sie mit ihren Begleiterinnen den Rhein hinabfuhr, bei Cöln von Räubern überfallen und mit ihrer Schaar getödtet; ein gleiches Schicksal erfuhr nach der zweiten Legende zur selben Zeit und an derselben Stelle der Führer der Thebaischen Legion, Gedeon, mit seinen Genossen. – Die Reliquien der heiligen drei Könige, das Martyrium von S. Ursula und S. Gedeon gaben die erste Veranlassung zu der, schon von Wolfram von Eschenbach in seinem Parcival hochgepriesenen Malerschule von Cöln.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)