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Loggia XI.


Nicolas Poussin.       Eustache Le Sueur.




Der Bilderschatz der Pinakothek theilt sich vornehmlich in Werke der italienischen und der deutschen Kunst. Ausserdem besitzt sie eine nicht unbeträchtliche Anzahl werthvoller spanischer Gemälde und einige wenige französische. Vielleicht wäre es angemessen gewesen, in den Loggienbildern sich auf die beiden Hauptgruppen zu beschränken, wobei Claude als „Claudius der Lothringer“ bei den Deutschen seine Stelle ohne Beanstandung eingenommen hätte. Statt der Franzosen, die so schwach vertreten sind, wären – wenn überhaupt ein drittes Element eingeführt werden sollte – die Spanier am Platz gewesen, die im Katalog mit den Namen von Velasquez, Zurbaran, Spagnoletto, vor Allen Murillo glänzen; besser jedoch wäre gewiss das Festhalten an der Zweitheilung gewesen, bei welcher dem Van Dyk eine Loggia zugefallen wäre, dessen viele und köstliche Gemälde zu den Hauptzierden der Pinakothek gehören.

Cornelius hat es vorgezogen, den Ehrenplatz unsern nächsten westlichen Nachbarn anzuweisen.

Nicolas Poussin, geb. zu Andelys 1594, gest. zu Rom 1665, war Historien- und Landschaftmaler, beides von grosser Auszeichnung. In dem Rundbild der

Kuppel (Tafel 29)

bezeichnet der Amor mit der Lyra auf dem Schwan den poetischen Charakter der Landschaften Poussins, die durch Ernst und Erhabenheit wie durch das Gleichgewicht der Massen und den Rhythmus der Linien classischen Werth und ästhetische Gesetzeskraft gewonnen haben.

1640 war Poussin nach langem Aufenthalt in Rom nach Paris zurückgekehrt, ward erster Maler des Königs und viel beschäftigt, was den Neid und die Kabale andrer Künstler, namentlich des Landschaftsmalers Fouquier und des Architekten le Mercier gegen ihn weckte, gegen die ihn Minerva und Apoll, Weisheit und Wahrheit, vertheidigten, unter deren Schutz er sein berühmtes Gemälde vom Siege der in den Armen der Zeit emporgetragenen Wahrheit malte. 1645 nach Rom zurückgekehrt, gründete er daselbst eine Schule, in welcher er zahlreiche Talente glücklich ausbildete. – Wenn nun auch die meergeborne Göttin neben den Bildern seines Lebens erscheint, so erinnert sie uns nur, wie Poussin unermüdlich bestrebt gewesen, seinen Gestalten Schönheit der Form und Bewegung zu geben; die Argonautenfahrt aber deutet nicht, wie in der Loggia der Venetianer, auf Erwerb von Reichthum und Macht; was er im Orient suchte, war die Kunst von Hellas, die unvergleichliche Herrlichkeit der antiken Sculpturen.

Eustache le Sueur, Sohn eines Bildhauers, geb. zu Paris 1617, erwarb sich durch seinen Schönheitsinn und die Seelenhaftigkeit der Gestalten den Namen eines französischen Raphael, hatte sich auch vorzüglich nach den Werken des grossen Urbinaten gebildet, obwohl er nicht nach Italien gekommen. Er lebte in Armuth und starb jung. Ihm ist die

Lunette (Tafel 30)

gewidmet. Sein unermüdliches und tiefernstes künstlerisches Studium unterbrach selbst die Nacht nicht; bei Sternenschimmer und Mondschein lässt ihn Cornelius in seine Arbeit versenkt sein, wobei Psyche ihm die Leuchte hält. – Sein schönstes Werk ist „die Bilderfolge aus dem Leben des H. Bruno“, die er für die Karthäuser von Paris und zwar in ihrem Kloster malte, und welche man wohl den Triumph der älteren französischen Kunst nennen kann. Es waren 22 Tafeln, welche die Karthäuser dem König Ludwig XVI. zum Geschenk machten und die, später auf Leinwand übertragen, jetzt im Louvre aufgestellt sind.



Empfohlene Zitierweise:
Text von Ernst Förster: Peter von Cornelius − Entwürfe zu Fresken in den Loggien der Pinakothek zu München . Verlag von Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Cornelius_Loggien-Bilder_M%C3%BCnchen.pdf/62&oldid=- (Version vom 31.7.2018)