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Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60

§. 3.

 Der hl. Raum ist die Kirche mit ihren Vorhöfen und dem Gottesacker, auf welchen die Leiber der Christen als Samenkörner für eine ewige Ernte gelegt werden.

§. 4.

 Die Kirche und ihre Vorhöfe kommen hier nicht rücksichtlich ihrer Bauart in Betracht, sondern rücksichtlich ihrer Ausschmückung durch Frauenhand. Wir werden also nicht von der Mauer und Pforte des Vorhofs, nicht von den Hallen, die sich um die Mauer ziehen können, nicht von der Höhe der Thürme und Länge der Kirchen und von den verschiedenen Arten des Baustyls reden, sondern im Vorhof würde, wenn man wollte, allenfalls die Anlage des freien Platzes, der Schmuck durch Bäume und Blumen, wol auch um der Verwandtschaft willen die Aufstellung von Kreuzen und Statuen zu berühren sein. Das Aeußere der Kirche wird man gar nicht besprechen, wol aber ihre liturgische Einrichtung, und auf diesem Wege wird man dann zum Schmuck gelangen. Ebenso wird man beim Cömeterium, d. i. beim Schlafsaal der christlichen Leiber, weniger die Gestalt der Mauer, kaum der Pforte, kaum des Kreuzgangs, mehr aber die der Gräber, ihrer Monumente und ihres Schmuckes abzuhandeln haben.

(Fortsetzung folgt.)


Bericht der Schwester Cäcilie Pöschel über ihre Ankunft in Odessa.
(Aus einem Briefe.)

 Mit Lob und Dank, womit ich nach überstandener Reise meine russische Heimat wieder begrüßte, fange ich auch am liebsten diesen Brief an. Des HErrn Treue und Barmherzigkeit haben wir reichlich Ursache zu rühmen trotz mancher Beschwerden einer diesmal ungewöhnlich langen, mühseligen Reise. Denn diese ist uns so vielfach erleichtert worden durch die Gefälligkeiten eines unerwarteten Beschützers, des fürstlichen Couriers, und anderer angenehmer Reisegesellschaft, daß wir, am glücklichen Ziel angelangt, nur Ursache finden, des HErrn Güte zu preisen. Zu ganz besonderem Dank bewegte mich die letzte angenehme Ueberfahrt über das kurz vorher noch so stürmische schwarze Meer, das erst kürzlich in dieser ungünstigen späten Herbstzeit manches Schiff verschlagen oder verschlungen hat, während wir bei günstigem Wind mit vollen Segeln in einem Tage Odessa erreichten, bei dessen Anblick in sternenheller Nacht wir uns nicht enthalten konnten, mit Freuden das Lied anzustimmen: „Nun lob mein Seel den HErren!“ – 


Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60. Druck in Commission der C. H. Beck’schen Buchhandlung, Nördlingen 1859, 1960, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Correspondenzblatt_der_Diaconissen_von_Neuendettelsau_Bd02_1859.pdf/10&oldid=- (Version vom 28.8.2016)