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Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60

Nr. 7. Juli, 1860.
Mittheilungen aus der Chronik des Mutterhauses.

 Am 1. Juni wurde F. W. aus B. in Hannover in die Blödenanstalt aufgenommen.

 Am 3. Juni wurde der Probeschwester H. Wertheim der Segen des Mutterhauses gegeben. Sie ist die erste, welche in unserem neuen Betsaale ausgesegnet wurde. Nach der Aussegnung wurde ihr die Aussegnungsurkunde in einer schönen, eigens dazu gearbeiteten Mappe überreicht, welche in Zukunft jede ausgesegnete Diaconissin erhalten soll.

 Am 11. Juni zog Frl. Mau, welche mehrere Jahre im Diaconissenhaus verpflegt worden war, ins Pfründehaus.

 Am 18. Juni trat G. Heider als Gehilfe in die hiesige Anstalt für Blöde und Schwachsinnige ein.

 Personalveränderungen. M. Weber als Gehilfin in das Pfründehaus. M. Bachthaler nach Würzburg zur Privatpflege. M. Wegmann nach Fürth in das Hospital. M. Schmieg nach Helgoland zur Privatpflege. An ihre Stelle Lina Bösbier. An deren Stelle in der hiesigen Blödenanstalt Kl. Alt. L. Kahnis kehrt für einige Zeit zu den Ihrigen zurük. An ihre Stelle in Kempten tritt U. Lieb.

 Der höchste Präsenzstand in diesem Monat war 81 Personen.

S. H. 

Vom Schmuck der heiligen Orte.
(Schluß.)
§. 34.

 Die Stikerei oder Nadelmalerei oder, wie sie auch in der alten Zeit hieß, die phrygische Arbeit war wie die Seidenweberei zuerst im Besiz der Muselmänner. Als jedoch das Christentum die europäischen Völker je mehr und mehr durchdrang, wurde die Stikerei auch Ehrensache der christlichen Frauen und Jungfrauen und blieb es auch eine lange Zeit. In dem Maße, als sie hernach nicht mehr für das Heiligtum angewandt wurde, verschwand die Kunst oder verflachte sich wenigstens. Im Mittelalter wurden die meisten und herlichsten Stikereien auf seidenen Stoffen ausgeführt. Unter die Seide breitete man als Unterlage meist eine doppelte und nicht zu stark geleimte Leinwand und stikte nur mit guter, dauerhafter und farbehaltiger Seide oder ächten Goldfäden.[1] Zu Teppichen und ausgedehnteren nicht unmittelbar zum heiligen Dienste gehörigen Stikereien benüzte man Stramin und Wolle. Auch das zur kirchlichen Wäsche verwendete Linnen wurde mit Stikereien verziert. Der gebräuchlichste Stich bei diesen Arbeiten des Mittelalters war der regelmäßige oder unregelmäßige, gröbere oder feinere Plattstich; andere Arten waren der Tambouret-, Stiel-, Perlstich u. s. f., über deren Anwendung der Präfekt des bischöflichen Klerikalseminars in Regensburg Jakob in seinem vortrefflichen Buche „die Kunst im Dienste der Kirche“ die Frauen ohne mehreres auf die ihnen bekannte römisch-kathol. Zeitschrift „Kirchenschmuk“ verweist.

§. 35.

 Ehe wir dies Dictat beschließen, sei es erlaubt, noch einzelne sachdienliche Bemerkungen unter besondern Nummern vorzutragen:


  1. Wer nach Mailand kommt, der überzeuge sich durch Besichtigung der in der Sakristei des Domes aufbewahrten Antipendien, wie viel durch Stikerei oder Nadelmalerei geleistet werden kann.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Vom Schmuck der heiligen Orte, Dictat aus den Jahren 1857/58, abgedruckt im „Correspondenzblatt der Diaconissen von Neuendettelsau“ 1859/60. Druck in Commission der C. H. Beck’schen Buchhandlung, Nördlingen 1859, 1960, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Correspondenzblatt_der_Diaconissen_von_Neuendettelsau_Bd03_1860.pdf/27&oldid=- (Version vom 4.9.2016)