Mir schien’s, als ob Friedrich Schnack etwas verlegen wurde. Aber sein zahnloser Mund mit den welken Lippen zögerte nicht mit der Antwort …
„Ein solches Etui verliert man nicht so leicht, Herr Harst … Und Diebe, meine ich, schleppen nicht Kinderbilder mit sich herum … Das sagt mir mein schlichter Laienverstand.“
„Ganz recht … – Lassen wir diese Frage zunächst beiseite, Kapitän … – Weshalb haben Sie sich nicht sofort an die Polizei gewandt?“
Schnacks braune, dürre Hände glitten nervös über das weiche Leder der Sessellehnen … „Hm… – weil … weil ich mit den Behörden nichts zu tun haben mag, Herr Harst. Ich … ich … bin … vorbestraft … Nennen Sie mich auch nicht Kapitän … Ich darf den Titel nicht mehr führen … Man hat mir Fahrlässigkeit im Dienst vorgeworfen … Durch meine Schuld soll die Hammonia an der schottischen Küste gestrandet sein … Die ganze Besatzung kam um – außer mir und dem Leichtmatrosen Pedro Saltar, einem Spanier … Ich … habe zwei Jahre im Gefängnis gesessen … Das war hart, sehr hart … Denn ich … war schuldlos …“
Schweigen …
Dann Harald: „Herr Schnack, Sie wünschen also, daß ich diese Juwelen der Polizei übergebe und Ihr Erlebnis ohne Namensnennung melde?“
„Hm – – wollen Sie nicht lieber selbst die Diebe suchen – ebenso die Eigentümer der Juwelen, Herr Harst? – Wozu die Polizei?!“ – Unsicher klang’s … So, als ob im Hirn des alten Mannes tausend versteckte Nebengedanken lebendig waren …
Ich wunderte mich. Denn Harald erklärte, er wolle dem Wunsche Schnacks willfahren …
Wunderte mich mit Recht. Es war so viel Dunkles, Unausgesprochenes bei alledem …
Schnack drückte uns dankbar die Hand und schlurfte davon, nachdem Harald ihm noch angewiesen hatte, das tote
Max Schraut: Dämon Rache. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1926, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:D%C3%A4mon_Rache.pdf/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)