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die letzten Tage August in Gesellschaft eines jungen preußischen Cavallerie-Offiziers, Herrn Gustav von Meding, der vor kurzem aus Berlin eingetroffen war, und den ich als Adjutanten zu mir nahm.

Nach 24 Stunden waren wir in Toulouse, jener in Frankreich einzigen Stadt, die seit zwei Jahrhunderten still gestanden zu haben scheint. Schon der erste Anblick versetzt in längst vergangene Zeiten, die in keinem Lande der Welt zu unsern Tagen passen würden, in Frankreich aber einer Epoche angehören, die nur mehr dem Historiker und Romancier bekannt ist. Oft ist mir die Aehnlichkeit Toulouse’s mit dem entferntesten, reculirtesten Theile des Faubourg St. Germain aufgefallen, der Rue de Babilone zum Beispiel; jenen finstern Häusermassen, die, allem Leben gleichsam abgestorben, auf das heutige Treiben streng und schweigend tadelnd herabschauen. Diese großen Hôtels zwischen Hof und Garten, seit Jahrhunderten in denselben Parlamentsfamilien (noblesse de robe) erblich, scheinen lebende Gräber gesunkener Macht. Die dicken eichenen Thore wanken nur selten in ihren schweren Angeln, und wenn eine unförmliche, altvätrische Karosse herausfährt, die mit Gras bewachsene Cour d’honneur verläßt und über dem spitzen Kieselpflaster rasselnd hinwegrollt,

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Felix Lichnowsky: Erinnerungen aus den Jahren 1837, 1838 und 1839. Zweiter Theil. Frankfurt am Main 1841, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_LICHNOWSKY_E_2_096.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)