Seite:DE Stirner Schriften 136.jpg

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welchem Schrecken man sie jetzt aufgenommen hat, davon haben sie sich sattsam überzeugen können; wer also unter diesem Namen aufträte, der würde sich, wenigstens für den Augenblick, die Zugänge verstellen und aus Gespensterfurcht abgewiesen werden. Von dieser Seite betrachtet, was soll da ein Verein? Ungesetzlich wäre er nicht, wohl aber unklug. Indess scheinen die Freien durch einen zweiten Grund bewogen zu werden, zu einem Verein zusammenzutreten. „Der Verein will versuchen, seinen Austritt aus der Kirche öffentlich und mit der Namensunterschrift aller seiner Mitglieder zu erklären.“ Hier wird wol ein Mißverständniß obwalten. Die Kirche, wenigstens die protestantische bei uns, ist ja keine Macht mehr, die dem Einzelnen irgend einen Zwang auferlegte; die Kirche zwingt nicht zur Taufe, Confirmation, Trauung etc. Zwänge sie, so würde ihr Zwang sich durch Kirchenstrafen zu erkennen geben. So aber hat Derjenige, der z. B. sich nicht confirmiren ließe, nur die bürgerliche Strafe zu erwarten, daß er jedes bürgerlichen Rechtes verlustig geht. Wo der Staat nicht durch Polizeigewalt die Einzelnen zu den kirchlichen Handlungen anhält, da sieht sich die Kirche verlassen, und wenn Jemand, außer zur Taufe und Confirmation, sein Lebtage nicht mehr in die Kirche wandert, so kann die Kirche doch ihm keine Buße auflegen, ja, was noch mehr ist, Leute, die so unkirchlich leben, werden darum nicht um ein Haar weniger geachtet, wie unter Andern Jean Paul beweist, der sich nach der Versicherung seiner baireuther Mitbürger um Kirchenbesuch und Abendmahlsgenuß nicht im entferntesten bekümmerte. Dadurch, daß sie keine Macht mehr über den Einzelnen ausübt, hat sich die protestantische Kirche in eine unsichtbare und innerliche verwandelt, was sie zur Zeit ihrer vollen Blüte, wo die Kirchenbußen im Schwunge waren, nicht gewesen war. Was soll nun bei einer unsichtbaren und innerlichen Kirche ein sichtbarer und äußerlicher Austritt bedeuten? Wer die

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Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_136.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)