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Predigt nicht hören, das Abendmahl nicht genießen mag, der kann es ja lassen: die Kirche thut ihm keine Gewalt an. Tausende handeln so bis an ihren Tod, und Niemand fragt darnach; sind sie nur sonst achtungswerthe Menschen, so entgeht ihnen die Verehrung ihrer Mitbürger nicht und man setzt sie wol gar, wie Jean Paul, unter die unsterblichen Genien des Menschengeschlechts. Man fühlt es, daß die Kirchlichkeit eine innerliche Sache des Menschen ist, die Jeder mit sich abzumachen und vor Niemandem zu verantworten hat. Gegen eine so harmlose und zwangsfreie Sache, wie die Kirche ist, geharnischt in die Schranken treten zu wollen, wäre zwecklos und mit Recht gehässig. Da ich nun mir vorgenommen habe, bei den Freien nach der Wahrheit zu spüren, die etwa ihrer Tendenz zu Grunde liegt, und deshalb von der Voraussetzung ausgehe, daß sie nicht, wie ihre knirschenden Feinde behaupten, lediglich einen „knabenhaften Uebermuth“ ausschütten wollen, so nehme ich an, daß „Austritt aus der Kirche“ nur ein schlecht gewählter Ausdruck für Das sei, was sie eigentlich beabsichtigen. Auch stößt diese Annahme auf keinen Widerspruch in dem königsberger Artikel. Und doch hat grade dieses verunglückte Wort ihnen so viel Haß und Feindschaft zugezogen. Man denkt, sie wollen sich durch ihren Austritt zu Feinden aller Derer machen, welche einen kirchlichen Sinn bewahren und einen christlichen Wandel fortführen zu müssen glauben; man denkt, sie wollten die Kirche vernichten, die jeder Christgläubige braucht, sie wollten den Christen das Unentbehrliche rauben. Das liegt wenigstens nicht in ihren Worten, und es kommt mir vor, als müßte man ein sehr ängstliches und verzagtes Herz haben, wenn man es ihnen überhaupt unterlegt. Sie wollen eine Ueberzeugung verbreiten, die „Grundüberzeugung der modernen Philosophie von der Autonomie des Geistes“. Möglich, daß im Gefolge dieser Ueberzeugung sich auch der Grundsatz einfindet, daß Derjenige, der sich

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Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_137.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)