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der Verhöre für gut befunden; meine dem Oberlandesgerichte überreichte Vorstellung, sowie eine an den Justizminister gerichtete Beschwerde blieben nicht nur unbeachtet, sondern sogar unbeantwortet, und erst in Folge eines Immediatschreibens an Se. Maj. den König wurde dem Gerichtshofe die Beschleunigung der Sache geboten. Wie die Unabhängigkeit des Richters eng verbunden ist mit seiner unbestreitbaren Competenz, so ist es auch Pflicht jedes Redlichgesinnten, an den einmal durch das Gesetz geheiligten Formen festzuhalten. Daher habe ich, auf Grund des Gesetzes vom 25. April 1835, gegen die Urtheilsbefugniß meines ordentlichen Gerichtsstandes protestirt, und so selbst den vielleicht nicht unwichtigen Vortheil aufgegeben, von Mitbürgern, denen mein Wandel bekannt ist, gerichtet zu werden. Nachdem der Justizminister den Proceß zurückgewiesen, ward diesem Conflicte durch das Dazwischentreten königlicher Gnade die rechtliche Abhülfe zu Theil. Und so stehe ich denn, aus freier Wahl verzichtend auf jede Ausnahme von dem Gesetze, vor Richtern, denen meine Person unbekannt ist und dem preußischen geheimen Proceßgange nach auch unbekannt bleiben wird. Das gute Recht ist der beste Schutz. Es liegt nicht in dem Geiste der Schrift, die Landesgesetze zu verspotten; fern ist ihr jede Beleidigung so des Königs wie des Staates. Ohne Scheu würde ich auch jetzt noch öffentlich aussprechen, daß Beamtenallgewalt und politische Nichtigkeit der selbständigen Bürger das Gebrechen des Vaterlands; Oeffentlichkeit und wahre Vertretung die Heilmittel dieses Gebrechens; daß das preußische Volk durch geistige Bildung zu einer größern Theilnahme an Gesetzgebung und Verwaltung des Staats eben so befähigt, wie durch Geschichte und Gesetz dazu berechtigt; daß ein innigeres Band der verschiedenen Landestheile, mag es durch die der Nation verheißenen Reichsstände oder durch die vereinten Landtagsausschüsse aller Provinzen geknüpft

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Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_152.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)