Seite:DE Stirner Schriften 154.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

abschreiben. Es wird auch genügen, wenn einzelne Stellen hier Platz finden, die schon für sich ein größeres Publikum ansprechen.

Was zunächst die Denunciation der Majestätsbeleidigung betrifft, so heisst es in diesem Artikel der „Rechtfertigung“: „Kaiser Tiber war der Erste, der Urtheile (judicia) für crimina majestatis erklärte (Tacit. Annal. I. 72); dieser Ursprung schon spricht über den Werth der Maßregel ab und sollte mindestens in Anwendung derselben Vorsicht empfehlen. Für das Recht der Urtheilsfreiheit in Bezug auf Regierungshandlungen erklärten sich von je her die ausgezeichnetsten Rechtslehrer: «Die Frage, sagt einer derselben, die Frage: wer hat dem Schriftsteller das Recht gegeben, über diese oder jene Staatsangelegenheiten zu urtheilen? verräth allemal entweder den Unverstand des Fragenden oder seine schlechte Denkart. Den ersten, wenn er wirklich glaubt, es sei irgend eine Erlaubniß dazu erfoderlich; die zweite, wenn er sklavisch und kriechend Alles, was Könige und Minister thun, für unfehlbare Götterschlüsse will gehalten wissen, weil er sich als Schmeichler persönlich wohl dabei befindet. Lächerlich ist es, wenn man anders bei so gewichtigen Betrachtungen lachen darf, daß die Frage: wer dem Tadler oder dem Beurtheiler die Befugniß dazu gegeben habe? gemeiniglich von Leuten aufgeworfen wird, die mit vollen Backen Alles loben und anpreisen, was Se. Majestät, Se. Durchlaucht und Se. Excellenz beschlossen, angeordnet und gethan haben. Wer hat ihnen denn die Befugniß gegeben zu loben? Oder ist Lob nicht auch Urtheil? Soll man Staatseinrichtungen ein für allemal als unfehlbare Götterbeschlüsse verehren, so muß man ja weder loben noch tadeln, sondern anbeten und schweigen. Der Tadel ist gleichwol an sich nie schädlich, oft heilsam; das Lob aber mehrentheils schädlich und selten heilsam» (s. Weber über Injurien II. 215.) In Preußen ist die Urtheilsfreiheit der Schriftsteller durch Herkommen und

Empfohlene Zitierweise:
Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_154.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)