Seite:DE Stirner Schriften 249.jpg

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Sinnes die Welt durchzieht, ein Wissen also, das nicht persönlich geworden, gibt eine ärmliche Vorbereitung aufs Leben ab. Man will es nicht zur Abstraktion kommen lassen, worin doch erst die wahre Weihe allem concreten Wissen verliehen wird: denn durch sie wird der Stoff wirklich getödtet und in Geist verwandelt, dem Menschen aber die eigentliche und letzte Befreiung gegeben. Nur in der Abstraktion ist die Freiheit: der freie Mensch nur der, welcher das Gegebene überwunden und selbst das aus ihm fragweise Herausgelockte wieder in die Einheit seines Ich’s zusammengenommen hat.

Ist es der Drang unserer Zeit, nachdem die Denkfreiheit errungen, diese bis zu jener Vollendung zu verfolgen, durch welche sie in die Willensfreiheit umschlägt, um die letztere als das Princip einer neuen Epoche zu verwirklichen, so kann auch das letzte Ziel der Erziehung nicht mehr das Wissen sein, sondern das aus dem Wissen geborene Wollen, und der sprechende Ausdruck dessen, was sie zu erstreben hat, ist: der persönliche oder freie Mensch. Die Wahrheit selbst besteht in nichts Anderem als in dem Offenbaren seiner selbst, und dazu gehört das Auffinden seiner selbst, die Befreiung von allem Fremden, die äusserste Abstraktion oder Entledigung von aller Autorität, die wiedergewonnene Naivität. Solche durchaus wahre Menschen liefert die Schule nicht; wenn sie dennoch da sind, so sind sie es trotz der Schule. Diese macht uns wohl zu Herrn über die Dinge, allenfalls auch zu Herrn über unsere Natur; zu freien Naturen macht sie uns nicht. Kein noch so gründliches und ausgebreitetes Wissen, kein Witz und Scharfsinn, keine dialektische Feinheit bewahrt uns vor der Gemeinheit des Denkens und Wollens. Es ist wahrlich nicht das Verdienst der Schule, wenn wir nicht die Selbstsucht aus ihr mitbringen. Jede Art entsprechender Eitelkeit und jede Art der Gewinnsucht, Aemtergier, mechanischer und serviler Dienstbeflissenheit,