Seite:DE Stirner Schriften 253.jpg

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wohl feste, tüchtige, gesunde Charaktere erzielen, unerschütterliche Menschen, treue Herzen, und das ist für unser schleppenträgerisches Geschlecht ein unschätzbarer Gewinn; allein die ewigen Charaktere, in welchen die Festigkeit nur in dem unablässigen Fluthen ihrer stündlichen Selbstschöpfung besteht, und die darum ewig sind, weil sie sich in jedem Augenblicke selbst machen, weil sie die Zeitlichkeit ihrer jedesmaligen Erscheinung aus der nie welkenden und alternden Frische und Schöpfungsthätigkeit ihres ewigen Geistes setzen – Die gehen nicht aus jener Erziehung hervor. Der sogenannte gesunde Charakter ist auch im besten Falle nur ein starrer; soll er ein vollendeter sein, so muss er zugleich ein leidender werden, zuckend und schauernd in der seligen Passion einer unaufhörlichen Verjüngung und Neugeburt.

So laufen denn die Radien aller Erziehungen in dem Einen Mittelpunkte zusammen, welcher Persönlichkeit heisst. Das Wissen, so gelehrt und tief, oder so breit und fasslich es auch sei, bleibt so lange doch nur ein Besitz und Eigenthum, als es nicht in dem unsichtbaren Punkt des Ich’s zusammengeschwunden ist, um von da als Wille, als übersinnlicher und unfasslicher Geist allgewaltig hervorzubrechen. Das Wissen erfährt diese Umwandlung dann, wenn es aufhört, nur an Objekten zu haften, wenn es ein Wissen von sich selbst, oder, falls dies deutlicher scheint, ein Wissen der Idee, ein Selbstbewusstsein des Geistes geworden ist. Dann verkehrt es sich so zu sagen in den Trieb, den Instinkt des Geistes, in ein bewusstloses Wissen, von dem sich Jeder wenigstens eine Vorstellung zu machen vermag, wenn er es damit vergleicht, wie so viele und umfassende Erfahrungen bei ihm selbst in das einfache Gefühl sublimirt wurden, das man Takt nennt: alles aus jenen Erfahrungen gezogene weitläufige Wissen ist in ein augenblickliches Wissen koncentrirt, wodurch er im Nu sein Handeln bestimmt. Dahin aber, zu