Seite:DE Storm Auf dem Staatshof 50.jpg

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dem öden Zimmer schwebte und wie der Duft erregt wurde, wenn die Mädchen unten durch tanzten. Plötzlich hörten wir ein Pferd auftraben und einen lauten Peitschenknall.

„Da kommt die Musik!“ hieß es; und Alle drängten an die Fenster. – Draußen unter den Bäumen hielt Peters; eine kleine dürre Gestalt klebte hinter ihm auf dem Pferde, Geige und Bogen in der Hand.

Bei näherem Hinschauen erkannte ich wohl, daß es der alte Drees-Schneider war, ein vielgewandtes Männchen, das bald mit der Nadel, bald mit dem Fiedelbogen für seinen Unterhalt sorgte, und den die harte Zeit gelehrt hatte, sich manchen derben Spaß gefallen zu lassen. – „Nun, Drees, spiel Eins auf!“ rief Peters, „mach Dein Compliment vor den Damen!“ Aber so wie der Alte die Hand vom Sattel ließ und seine Geige unter’s Kinn stützte, rührte Peters das Pferd mit den Sporen, daß es ausschlug; und der Alte schwankte und griff wieder hastig nach dem Sattel. Anne Lene stand vor mir; ich sah in der schwachen Beleuchtung, wie die Röthe ihr in die Schläfen hinaufstieg.

„Drees,“ rief sie, „komm herab, Drees!“ –

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Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_50.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)