Seite:DE Storm Auf dem Staatshof 64.jpg

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ungeübter Schwimmer; ich tauchte unter und meine Hände griffen zwischen dem schlüpfrigen Kraut umher, das auf dem Grunde wucherte. Ich öffnete die Augen und versuchte zu sehen; aber ich fühlte nur wie über mir ein trübes Leuchten. Meine Kleider, deren ich keines abgeworfen, zwangen mich auf die Oberfläche zurückzukehren. Hier suchte ich wieder Athem zu gewinnen, und wiederholte dann noch einmal meinen Versuch. – Es war vergebens. Bald stand ich wieder auf dem abschüssigen Uferrande und blickte rathlos über die Graft entlang. Da fühlte ich eine Hand sich schwer auf meine Schulter legen, und eine Stimme rief: „Marx, Marx, was macht Ihr da? Wo ist das Kind?“ Ich erkannte, daß es Wieb war. „Dort, dort!“ schrie ich und streckte die Hände nach dem Graben zu. Die Alte faßte mich unter den Arm und zog mich gewaltsam an den Rand der Graft hinunter. Endlich brachte ich es heraus; und wir liefen an dem Wasser entlang, bis an die Laube in der Gartenecke, wo die großen alten Erlen ihre Zweige in die Fluth hinab hängen lassen. Wir haben sie dann endlich auch gefunden; die Augen waren zu und die kleine Hand war fest geschlossen.

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Theodor Storm: Auf dem Staatshof. Braunschweig: George Westermann, 1891, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Storm_Auf_dem_Staatshof_64.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)