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So wissen sie genug, um froh zu sein.“[1]

37
Und schnell hingleitend, wie, gleich Feuer-Pfeilen,[2]

Entflammte Dünste, wenn die Nacht beginnt,
Durch’s heitere Gewölb’ des Himmels eilen;

40
So kehrten sie empor, um dann geschwind

Sich mit den Andern nach uns umzudrehen,
Gleich einer Schaar, die ohne Zaum entrinnt.

43
„Sieh, dichtgedränget jetzt, dich anzuflehen

Gar Viele kommen, sprach mein Meister drauf,
Doch geh nur immer fort, und horch’ im Gehen.“

46
„O du, der du zum Heil den Berg herauf[3]

Die Glieder trägst, die immer dich umfingen,“
So riefen sie, „hemm’ etwas deinen Lauf.

49
Sieh, um zur Welt von uns Bericht zu bringen,

Uns an – erkennst du Antlitz und Gestalt?
Was weilst du nicht? was eilst du, vorzudringen?[4]

52
Getödtet sind wir alle durch Gewalt;

Der Sünd’ uns bis zur letzten Stunde weihend,
Und erst im Tod von Himmelsglanz umwallt,

55
Verstarben wir, bereuend und verzeihend,

Und fühlten Gottes Frieden und das Licht,
Nach seinem Anschau’n Sehnsucht uns verleihend.“

58
Und ich: „„Zwar kenn’ ich Keinen von Gesicht,

Doch fordert nur, ihr, die zum Heil geboren,
Und das, was ich vermag, verweigr’ ich nicht.

61
Bei jenem Frieden sei es euch beschworen,

Den ich, fortklimmend auf des Führers Spur,
Von Welt zu Welt, zum Ziele mir erkoren.““

64
Darauf begann der Eine: „Hindert nur

Nicht Ohnmacht deinen Willen, so vertrauen
Wir dem, was du versprachst, auch ohne Schwur.


  1. 36. Sie wissen genug, um froh zu sein, weil Dante, ein Lebender, bei der Rückkehr zu den Lebenden ihren Verwandten und Freunden von ihrem Schicksale Nachricht geben und sie bitten konnte, durch gläubiges Gebet ihr Harren vor der Pforte des Fegefeuers abzukürzen.
  2. 37–40. Wetterleuchten, Sternschnuppen, Meteore.]
  3. 46. Den irdischen Leib, nicht den Scheinleib, welcher erst nach dem Tode die Seelen umgibt.
  4. 51. Wir sehen, daß Dante Virgils Ermahnung, sich nicht aufzuhalten, zu befolgen sich bemüht.
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_225.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)