Mein Meister sah, so schritt er zu den Höh’n,
Und ich auch stand nicht an, den Gang zu wagen.
Drum staune nicht, wenn größre Kunst die Worte,
Dem Stoff gemäß sich aussucht, stark und schön.
Der erst als Felsenspalt’ erschien; doch nah’
Erkannt’ ich in der Oeffnung eine Pforte.
Ich unter ihr, um zu ihr aufzusteigen;
Dann auch erkannt’ ich einen Pförtner da,
Doch wie ich auf sein Antlitz hingewandt
Mein Auge hatte, mußt’ ich’s wieder neigen.
Und wollt’ ich auf dies Schwert die Blicke kehren,
So blitzt’ es her der Sonne Glanz und Brand.
Sprach er, „wer bracht’ euch bis zu mir empor?“
Habt Acht, sonst wird das Kommen euch beschweren.“
Ein Weib, vom Himmel selbst dazu berufen:
Kehrt dorthin euren Schritt, dort ist das Thor!“
„So mögt ihr denn durch Sie zum Heile ziehn;
Kommt, schreitet weiter vor zu unsern Stufen!“
Von Marmor, weiß, von höchster Glätt’ und Reine,
Drin spiegelt’ ich mich ab, wie ich erschien.
Rauh, lang und quer geborsten und zerschlitzt,
Und ihre Farbe schwärzlich dunkle Bräune.
Wie Porphyr, flammend, gleich des Blutes Quelle,
Die frisch und warm aus einer Ader spritzt.
Für seine Füß’, und höher saß er dann
Auf der durchsicht’gen diamantnen Schwelle.
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_249.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)