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Zwanzigster Gesang.
Fortsetzung. Hugo der Große (Capet). Rede von der Würde des Papstthums an sich.

1
Schwer kämpft der Wille gegen bessern Willen,[1]

Drum zog ich ungern jetzt vom Quell den Mund,
Weil Er es wünscht’, ohn’ erst den Durst zu stillen.

4
Wir gingen einen Weg, wo frei der Grund[2]

Zum Gehen war, entlang dem Felsgestade,
Gleich engem Steg am Mauer-Zinnen-Rund.[3]

7
Denn jene Schaar, die sich im Thränenbade[4]

Vom Uebel, das die Welt erfüllt, befreit,
Versperrt’ uns mehr nach außen hin die Pfade.

10
Du alte Wölfin, sei vermaledeit!

Kein Thier erjagt sich Beute gleich der Deinen,
Doch bleibt dein Bauch noch endlos hohl und weit.

13
O Himmel, dessen Kreislauf, wie wir meinen,[5]

Der Erde Sein und Zustand wandeln soll,
Wann wird der Held, der sie vertreibt, erscheinen? –

16
Wir gingen langsam fort und mühevoll,

Ich horchend, als aus jener Schatten Mitte
Ein jammervoller Klageton erscholl.


  1. XX. 1. Der Zweck des Papstes, sich hier zu reinigen, war wichtiger, als der des Dichters, noch mehr zu erfahren; der Wille des Ersteren, daß er gehen möge, daher besser begründet als der des Letztern, noch länger zu bleiben. Daher that Dante, obwohl noch unbefriedigt, auf weitere Fragen Verzicht.
  2. 4. Wo keine Büßenden ausgestreckt lagen.
  3. 6. Man denke, um dies Gleichniß zu verstehen, an einen festen Thurm, an dessen Zinnen inwendig ein schmaler Weg hingeht, auf welchem die Vertheidiger stehen.
  4. 7 ff. Das Uebel, das die Welt erfüllt, ist der Geiz und die Habgier, welche der Dichter schon in der Hölle Ges. 1 V. 94 als die Wurzel der meisten anderen Laster bezeichnet hat. Wir finden ihn auch jetzt wieder V. 10 als Wölfin im Allgemeinen dargestellt. [Dabei ist aber merkwürdig, daß es hier wieder gerade ein geiziger Papst ist, auf den zunächst der Ausruf geht und daß V. 15 neben der Wölfin offenbar auch wieder auf „die edle Dogge“ von Hölle Ges. 1, 101 ff. gedeutet ist – beides ein Beweis für unsre dort gegebene Deutung der Wölfin und des Windhunds.]
  5. [13. „Der Himmel“ wieder = die Macht und Constellation der Gestirne, wie Ges. 16, 73 ff.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_308.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)