Die Sohlen hebt, mit engen Schritten gleitend,
Und einen Fuß kaum setzt dem andern vor:
Jungfräulich bodenwärts den Blick gewandt,
Und Ehrbarkeit und Würde sie begleitend,
Indem ich, wie sie näher hergezogen,
Den Sinn des süßen Liedes wohl verstand.
Den grünen Rasen am Gestad’ besprühn,
Erhob sie hold der Wimpern schöne Bogen.
Die Mutter wund mit seinem Pfeile machte,
In solcher Lust Cytherens Auge glühn.
Und pflückte Blumen von der Wiese Saum,
Die ohne Saat hervor die Höhe brachte.
Doch Hellespont, den Xerxes überschritten,
Noch jetzt dem höchsten Menschenstolz ein Zaum,
Indem er Sestos und Abydos schied,
Als meinen Er, ein Hemmniß meinen Schritten.
Begann sie nun, „das an der Menschheit Morgen
Zu ihrer Wiege Gott, der Herr, beschied,
Doch zeigt der Psalm: Herr, du erfreutest mich –
Euch klar das Licht, das Nebel noch verborgen.
Noch scheinst du einem Zweifel nachzuhängen,
Drum frage nur, und ich befried’ge dich.“
- ↑ [76. „Ihr“ Man erinnere sich, daß Virgil und Statius, als schweigende Begleiter noch da sind.]
- ↑ [79 ff. „Delectasti me domine.“ Anfang des 92. Psalmen, welches Citat, in Verbindung mit dem Lächeln Matildens, eben die Befriedigung andeuten soll, welche auch die thätige Gottesliebe gewährt. Denn Befriedigung, geistlicher Genuß ist ein nothwendiges Ingrediens der christlichen Vollkommenheit, sowie des höchsten Gutes der Seligkeit.]
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_357.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)