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Die Kohl’ in Flammen glüht, so war das Licht
Bei meinem Liebeswort in Glanz zu sehen.

31
Und so verschönt’ er jetzt sich dem Gesicht,

Wie seine Sprache sich dem Ohr verschönte;
Doch war’s nicht jene, die man jetzo spricht.[1]

34
Er sprach: „Seitdem des Engels Ave tönte,[2]

Bis meine Mutter, heilig itzt, in Qual,
Sich meiner Last entledigend, erstöhnte,

37
Kam allbereits fünfhundert achtzig Mal

Dies Feuer zu den Füßen seines Leuen,
Dort zu erneuern seinen Flammenstrahl.

40
Des ersten Lichts sollt’ ich am Ort mich freuen,

Den Vätern gleich, wo man das Sechstheil fand,[3]
Wohin sich eure Jahresläuf’ erneuen.

43
Und dies sei von den Ahnen dir bekannt;

Wer sie gewesen, und woher entsprossen,
Wird schicklicher verschwiegen als benannt.

46
Was da, von Mars und Täufer eingeschlossen,[4]

Befähigt war, sich zum Gefecht zu reih’n,
Ein Fünftheil war’s der jetz’gen Stadt-Genossen.

49
Allein das Bürgerblut, mag’s jetzo sein[5]

  1. 33. Cacciaguida sprach, wie im vorigen Gesange V. 28–31, Latein. [Vgl. die dortige Bemerkung.]
  2. 34–39. Von der Verkündigung des Heilandes an bis zu Cacciaguida’s Geburt hatte Mars seine Umlaufszeit 580 Mal vollendet und war eben so oft in das Gestirn des Löwen wieder eingetreten. Diese Umlaufszeit dauert nach den 1252 entstandenen, mit heutiger Berechnung übereinstimmenden, Tafeln Alfons’ d. Weisen von Castilien 686 Tage 22 Stunden 29 Minuten, so daß hiernach Cacciaguida zwischen dem Jahre 1090 und 1091 geboren worden wäre.
  3. 41. Florenz wurde früher in Bezirke eingetheilt, die man Sechstheile nannte. Cacciaguida wurde, wie seine Voreltern, in dem letzten Sechstheile geboren, wo zum Johannisfest die Wettrennen endeten. [D. nennt also hier sein Elternhaus, das in der heutigen Via. S. Martino, nahe dem Bazar, noch steht.]
  4. 46. Von Mars und Täufer eingeschlossen. Zwischen der Bildsäule des Mars (s. Anm. zu Ges. 13. V. 143 der Hölle) und dem St. Johannis-Baptisterium – [also die alten Grenzen der, noch viel kleineren Stadt.]
  5. [49 ff. Der Abfall vom Princip der Reinerhaltung des Bürgerbluts im blosen Interesse der Stadtvergrößerung, der Anwuchs einer zusammengewürfelten Bevölkerung durch Hereinnahme nicht einheimischer [493] Elemente, ist für D. die erste Ursache der ganzen Fehlentwicklung seines heimathlichen Gemeinwesens, dessen Stärke immer nicht in der Größe, welch’ letztere viel schwerer stürzen kann, V. 70 ff., sondern in der Einheit und Geschlossenheit ruht, V. 67 ff. 72 – eine nationalökonomisch merkwürdige und wohl in Vielem richtige Auffassung! Daraus leitet er dann den unaufhörlichen Verfassungswechsel ab, an dem Florenz seit Jahrhunderten krankte und hiervon mit Recht alles andere Elend der Gegenwart, insbesondere das jetzige Ausgestorbensein oder die politische und sittliche Herabgekommenheit, den selbstverschuldeten Sturz einst wahrhaft großer oder doch groß angelegter Geschlechter, wie dies schon ähnlich Fgf. 14, 31–126 beklagt worden ist – und den ganzen Gräuel der Bürgerkriege. – Dies sind denn auch die drei Hauptgedanken, in denen sich die Rede Cacciaguida’s über die Zeiten seit seinem Tode, die er als ein Seliger kennt (Ges. 17, 16), vornehmlich das 13. Jahrhundert, bewegt: V. 49–78, 82–84, 85–Ende.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 492. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_492.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)