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142
Mög’ Ungarn fernerhin nicht Unbill leiden![1]

Navarra, es vertheidige getrost
Die Bergesreih’n, die es von Frankreich scheiden!

145
Und glaube Jeder, daß schon Famagost[2]

Und Nicosia seien, deß zum Zeichen
Und Vorschmack, auf ihr wildes Thier erbost,

148
Deß Thaten den der andern völlig gleichen.
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Zwanzigster Gesang.
Schluß. Der Adler schweigt. Die Seelen singen. Dann spricht der Adler wieder als Ganzes und nennt einzelne Selige, welche ihn bilden: David, Trajan, Hiskia, Constantin, Wilhelm der Gute, Ripheus. – Weitere Belehrung über die Seligkeit der Nichtchristen und die Gnadenwahl.

1
Wenn Sie, die hell die ganze Welt verklärt,[3]

Von unsrer Hemisphär’ herabgeschwommen
Und rings der Tag ersterbend sich verzehrt,

4
Dann zeigt der Himmel, erst von ihr entglommen,

Von ihr allein, viel Sterne rings im Rund,
Die all’ ihr Licht von einem Licht entnommen.

7
Dies war’s, was jetzt vor meiner Seele stund,

  1. [142 ff. Ungarn ward, nach Aussterben der Arpad’s mit Andreas III. 1301, mit einem langen Prätendentenkrieg überzogen. Navarra fiel 1304 an Philipp den Schönen und seine Söhne und wurde, nach mancher Bedrückung, erst 1327 wieder selbständig.]
  2. [145 ff. Als Pfand und Bürgschaft des eben Gesagten, wie schlimm ein Land durch Erbfolgestreitigkeiten zerrüttet werde, bezieht sich der Dichter auf die damaligen Vorgänge in Cypern, das durch seine beiden Hauptstädte bezeichnet wird. Dort wüthete ein Bruderkrieg zwischen dem schwächlichen Heinrich von Lusignan und dem grausamen Amalrich, dessen Vorzeichen schon um 1300 sich zeigten, als Amalrich das cyprische Heer in Syrien commandirte, dessen höchste Steigerung dann in die Jahre 1306–1310 fällt durch Heinrichs Gefangennahme, Amalrichs Ermordung und Jenes Befreiung und furchtbare Rache. Demnach scheint mehr der Thronräuber Amalrich mit der „Bestie“ gemeint, als der schlaffe Heinrich.]
  3. XX. 1–12. Alle Seligen, welche den Adler bilden, zeigen sich jetzt, neu erglänzend in Liebe und Freude, wie Sterne, wenn die Sonne untergegangen ist.
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_518.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)