Seite:Dante - Komödie - Streckfuß - 536.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Und um dich Maja’s und Dione’s Bahn;[1]

145
Dich sah ich, Zeus, der mäß’gen Schimmer spendet,[2]

Zwischen Saturn und Mars, auch ward mir klar,
Wie seinen Wechsellauf ein jeder wendet.

148
Wie groß die Sieben sind, ward offenbar,

Wie schnell sie sind, den Weltenraum durchreisend,
Auch stellte mir sich ihre Ferne dar.

151
Und mit dem ew’gen Zwillingspaare kreisend,

Sah ich das Plätzlein, das so stolz uns macht,[3]
Mir Land und Meer und Berg’ und Thäler weisend.[4]

154
Dann kehrt’ ich mich zu Ihrer Augen Pracht.
_______________

Dreiundzwanzigster Gesang.[5]
II. Abtheilung. 8) Im Fixsternhimmel, dem Kreis der Rose und Lilien, der Maria mit den Aposteln und Adam. – Dante’s innerer Fortschritt. – Christus, Maria zeigen sich.

1
Gleichwie der Vogel, der, vom Laub geborgen,

Im Nest bei seinen Jungen süß geruht,
Indeß die Nacht die Dinge rings verborgen,


  1. 144. Maja und Dione, die Mütter des Merkur und der Venus, hier diese Gestirne selbst.
  2. 145. Mäßigen Schimmer, Bezeichnung des Sterns der Gerechtigkeit, welche in Allem das Maß erhält, nach gerechtem Maße mißt.
  3. [152. Wörtlich: das Tennlein = Erde und Irdisches in ihrer Kleinheit und Armuth.]
  4. 153. Wie die Schnelle des Aufsteigens in V. 100 ff., so ist die stolze Rückschau auf die sieben durchlaufenen Kreise und der lächelnd-erhabene Niederblick auf die winzige Erde in V. 133–153 ein Sinnbild der inneren Entwicklung und mehr und mehr erlangten vollen Himmelsreife von Dante’s Geist, welch’ letztere im folgenden Gesang noch das letzte Siegel erhält.]
  5. XXIII. Vorbemerkung. Unter Anschluß an den letzten Theil von Gesang 22 bildet dieser Gesang, zugleich einer der schönsten und poesiereichsten, den eigentlichen Knotenpunkt in der, übrigens höchst einfachen, inneren Oeconomie des Paradieses. Nach dem in der Vorbem. S. 397 Gesagten handelt es sich im ganzen III. Theil der göttl. Kom. um die Aufzeigung der stufenweisen Entfaltung der vollen, individuellen Seligkeit im Dichter, bezhdl. im Menschengeist, [537] nach ihren beiden Seiten der Gotteserkenntniß und der Gottesanschauung. Die erstere ist nun vollendet. Nach der Durchwanderung der sieben Planeten – welche in ihrer Gesammtheit das Ganze der Gotteserkenntniß nach ihren verschiedenen Seiten und individuellen Auffassungen repräsentiren – und mit dem Alles zusammenfassenden Rückblick auf sie und die Erde unter ihnen, ist D. auf die Höhe des Erkennens geführt. Er sieht nun sofort Christum selbst V. 28 ff., sieht Beatrix „wie sie ist“, in voller entfesselter Schönheit 46–48; sein Geist macht einen großen Schritt aus sich selber heraus, über sich selbst hinaus, unmittelbarer zu Gott hin, V. 43–45. Was Ges. 23–29 incl. noch geschieht, ist nur eine Herausstellung, ein Bekenntniß der soweit geführten, inneren Entwicklung (G. 24, 37–45. 58 ff.): Dante wird von Petrus, Jacobus und Johannes über Glauben, Hoffnung und Liebe examinirt (womit sich zugleich die Reihe der „Belehrungen“ im Paradies fortsetzt, um in Gesang 28 und 29 mit einem letzten Gespräch über die Engel abzuschließen) und besteht so die Probe der Erkenntnißreife. – Damit ist er auch reif zur Anschauung Gottes, in deren Kreis wir ihn mit der 3. Abtheilung, Ges. 30, werden eintreten sehen.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 536. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_536.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)