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Sich Sphären drehn, so jene Sel’gen nun,
Flammend, Kometen gleich, in Glut und Helle!

13
Wie, wohlgefügt, der Uhren Räder thun –

In voller Eil’ zu fliegen scheint das letzte,
Das erste scheint, wenn man’s beschaut, zu ruhn –

16
Also verschieden in Bewegung setzte

Sich jeder Kreis, drob, wie er sich erwies[1]
Schnell oder träg’, ich seinen Reichthum schätzte.

19
Und aus dem Kreis, den ich den schönsten pries,

Sah ich ein so beseligt Feuer schweben,
Daß es nichts Klareres drin hinterließ.

22
Um Beatricen schwang dies heil’ge Leben

Sich erst dreimal, und Sang entquoll dem Licht,
Den keine Phantasie kann wiedergeben.[2]

25
Drum springt die Feder hier und schreibt es nicht,

Weil, wo der Phantasie die Kraft benommen,[3]
Sie noch weit mehr dem armen Wort gebricht.

28
„O heil’ge Schwester, die du in so frommen

Gebeten flehst, durch deine Liebesglut
Bin ich aus schönerm Kreis herabgekommen!“

31
Nachdem das heil’ge Feu’r im Tanz geruht,

Wandt’ es den Hauch zur Herrin mit den Worten,
Die mein Gedicht euch kund hier oben thut.

34
„O ew’ges Licht des großen Manns, dem dorten“

– Sie sprach’s – „der Herr die Schlüssel ließ, die Er
Hinabgebracht, zu dieses Reiches Pforten,

37
Prüf’ ihn mit ein’gen Fragen, leicht und schwer,

Wie dir’s gefällt, ob jener Glaub’ ihm eigen,
Durch welchen du gegangen auf dem Meer.[4]


  1. XXIV. 17. Nach der mehrern oder mindern Schnelligkeit der Kreisbewegung beurtheilt der Dichter die mehrere oder mindere Wonne der seligen Geister.
  2. [24. Wie Ges. 20, 12 und oft. Ebenso V. 25, wie Ges. 23, 62 ff.]
  3. [26 ff. Wörtlich: „weil selbst die Phantasie, geschweige das Wort, von zu greller Farbe (der Darstellung) ist für solche Falten.“ Also nicht die Schwäche, sondern die Derbheit und Grobheit menschlicher Einbildung und Sprache ist hier der Vergleichungspunkt, oder, mit Anschluß an das Bild: der Mangel an Farbtönen und feinsten Schattirungen, wie sie der Maler für Falten braucht.]
  4. [39. Vgl. Matthäus im vierzehnten Kapitel.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 534. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_543.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)