Seite:Dante - Komödie - Streckfuß - 547.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Doch was du glaubst, das sollst du jetzt bekunden,
Und auch woher dir dieser Glaube kam.“ –

124
„„O Heil’ger,““ sprach ich, „„der du hier gefunden,

Was du so fest geglaubt, daß du den Fuß[1]
Des Jüngern einst am Grabmal überwunden,

127
In meinem Wort soll, dies ist dein Beschluß,

Auch meines Glaubens Form dir klar erscheinen,
So auch, warum ich also glauben muß.

130
So hör’: Ich glaub’ an Gott den Ew’gen, Einen,[2]

Der, unbewegt, des Himmels All bewegt
Durch Lieb’ und Trieb zu Ihm, dem Ewig-Reinen.

133
Und nicht Vernunft nur und Natur erregt

Den Glauben mir und giebt mir die Beweise;
Die Offenbarung auch, so dargelegt

136
Moses, Propheten, Davids Sangesweise,

Das Evangelium, und was Ihr, vom Schein
Des Geist’s erleuchtet, schriebt zu Gottes Preise.

139
Ich glaub’ an drei Personen, Eins in Drei’n,

Dreifach in Einem Wesen, Einem Leben,
Und „ist“ und „sind“ gestattet ihr Verein.[3]

142
Von dieser Gotteswesenheit, die eben[4]

Mein Wort berührt, hat meinem innern Sinn
Das Evangelium den Beweis gegeben;

145
Dies ist der Funke, dies der Glut Beginn,[5][6]

  1. 125. Ev. Johannes Kap. 20 V. 3–6. Obgleich der mit Petrus zum Grabe eilende jugendlichere Jünger, Johannes, eher an’s Ziel kam, ging doch Petrus zuerst hinein.
  2. 130–132. Alle Himmel sehnen sich nach Gott und lieben ihn, und dies ist die Kraft, die sie in Bewegung setzt. [Vgl. Ges. 1, 77.]
  3. 141. Gott vereinigt in sich die Einheit und Mehrheit.
  4. [142–144. Im Unterschied der Lehre vom Dasein Gottes V. 133 ff., kann die Dreieinigkeit lediglich aus der Offenbarung geschöpft werden.]
  5. [145. Die Trinität als Mittelpunkt und Quellpunkt der christlichen Lehre und Erkenntniß.]
  6. [Schlußbemerkung. Durch den ausdrücklichen Aufbau der – im Einzelnen der Kirchenlehre folgenden – Entwicklung des Glaubens aus der h. Schrift; durch die wiederholte Hervorhebung derselben als des (alleinigen) Grunds und Quells der Glaubenserkenntniß [548] in V. 94 ff., auch 142 ff., läßt der vorstehende Gesang nicht unwichtige Schlüsse zu in Hinsicht auf Dante’s Meinung von der Autorität der Schrift und seine Stellung zur Tradition. Diese Schlüsse drängen sich uns ziemlich unzweideutig auf, wenn wir frühere Stellen, wie Ges. 19, 83, Ges. 5, 73 ff. (s. die Anm. dort), und die folgenden in Ges. 25, 88; 26, 40. 43, wo ebenfalls als Vermittlerin der geoffenbarten Wahrheit einzig die Schrift genannt ist, vergleichen, insbesondere aber noch Ges. 29, 89 ff. Wir wollen dort die Summa ziehen und verweisen indessen auf die dortige Schlußbemerkung.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 547. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_547.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)