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So weit zurückläßt, leih’ jetzt meiner Seele[1]
Ein wenig nur von dem, was ihr verrinnt.

70
Mach’ jetzt, daß Kraft die Zunge mir beseele,

Damit ein Funke deiner Glorie nur
Der Nachwelt bleib’ in dem, was ich erzähle.

73
Wenn deine Huld von dem, was ich erfuhr,

Nur schwachen Nachhall diesem Liede spendet,
Dann sieht man klarer deiner Siege Spur.

76
Mich hätte, glaub’ ich, ganz der Blitz geblendet,[2]

Den ich von dem lebend’gen Strahl empfand,
Hätt’ ich von ihm die Augen abgewendet.

79
Und ich erinn’re mich: mein Muth erstand

Durch ihn, die Blitze kühner zu ertragen,
Bis sich mein Blick der ew’gen Kraft verband.[3]

82
O überreiche Gnad’! Ich durft’ es wagen,

Fest zu durchschau’n des ew’gen Lichtes Schein,
Bis zum Versinken drein den Blick zu tragen.


  1. [68. Die Gottheit bleibt immer noch erhaben über den menschlichen Begriff; 32, 144 „so tief als möglich.“]
  2. [76–81. Jetzt trägt das vorbereitete Geistesauge (vgl. oben die I. II. Stufe) das reine Gotteslicht durch die von dem letzteren ausgehende, stärkende Kraft, V. 100 ff., 112. Eine Abwendung, eine Isolirung von dieser Kraft würde daher auch Erblindung, Vernichtung zur Folge haben.]
  3. 81–83. Mit dieser Verbindung oder Einigung beginnt nun die [617] eigentliche Schau „bis zum Versinken“, d. h. so lange und soweit, bis seine Sehkraft darin völlig ergossen und erschöpft war.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 616. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_616.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)