Seite:Dante Prosa 097.gif

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihrer glorreichen Vorstellungen die bereiteste und unaussprechliche Genüge des Verstandes haben, wodurch sowol einer dem andern sich an sich völlig kund gibt, als auch wenigstens durch jenen glänzendsten Spiegel, in welchem alle auf das schönste sich darstellen und sich aufs begierigste schauen, scheinen sie keines Zeichens der Rede bedurft zu haben. Und wenn rücksichtlich der Geister ein Einwurf gemacht würde, welche fielen, kann auf doppelte Weise geantwortet werden. Zuerst, daß, wenn wir von Dem handeln, was zum Wohlbefinden nöthig ist, wir Diejenigen übergehen dürfen, welche als Verderbte die göttliche Sorge nicht haben erwarten wollen. Oder zweitens, und besser, daß selbst die Dämonen, um ihre Treulosikeit unter einander kund zu thun, nicht zu wissen bedürfen, als wer, von wem, warum und wie groß er ist, was sie ja wissen; denn sie haben vor dem Sturz einander kennen gelernt. Auch für die niederen Geschöpfe, da sie blos von dem Naturtriebe geleitet werden, brauchte nicht an Rede gedacht zu werden, denn alle von derselben Art haben dieselben Thätigkeiten und Zustände und können so durch die eigenen die fremden kennen lernen. Unter denen aber, welche von verschiedenen Arten sind, war die Sprache nicht allein nicht nöthig, sondern sie wäre durchaus schädlich gewesen, da kein freundlicher Verkehr bei ihnen gewesen wäre. Und wenn ein Einwurf hergenommen würde von der zu dem ersten Weibe sprechenden Schlange oder von dem Esel des Bileam, daß sie gesprochen haben, so antworten wir hierauf, daß der Engel in diesem und der Teufel in jener so wirkten, daß die Thiere selbst ihre Werkzeuge bewegten, daß daraus eine bestimmte Sprache erfolgte wie eine wahre Rede, nicht als ob das der Eselin etwas Anderes gewesen wäre als ein Schreien, oder das der Schlange als ein Zischen. Wenn aber Jemand einen Schluß dagegen machte nach Dem, was Ovid sagt im fünften Buch der Metamorphosen von den sprechenden Spechten, so sagen wir, daß

Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_097.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)