Seite:Dante Prosa 130.gif

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ein, daß das Gute den Würdigen, das Bessere den Würdigeren, das Beste den Würdigsten zukommt. Und da die Sprache auf keine andere Art ein nothwendiges Werkzeug für unsere Vorstellung ist als das Pferd für den Krieger, und den besten Kriegern die besten Pferde zukommen, so wird den besten Vorstellungen, wie gesagt ist, die beste Sprache zukommen; aber die besten Vorstellungen können nur die sein, wo Wissenschaft und Fähigkeit ist; also kommt die beste Sprache nur Denen zu, welche Fähigkeit und Wissenschaft besitzen; und so kommt nicht allen Versemachern die beste Sprache zu, da Viele ohne Wissenschaft und Fähigkeit Verse machen, und folglich auch nicht die erlauchte Volkssprache. Daher, wenn sie nicht Allen zukommt, dürfen sich nicht Alle derselben bedienen, weil Keiner ungeziemend handeln darf. Und wenn gesagt wird, daß Jeder seine Verse schmücken muß, so viel er kann, so bezeugen wir, daß dies wahr sei; aber wir werden weder einen gesattelten Ochsen noch ein gegürtetes Schwein geschmückt nennen, vielmehr es als verhäßlicht verlachen; denn Schmuck heißt Zusatz von etwas Geziemendem. Wenn nun gesagt wird, daß Höheres, dem Niederen zugemischt, einen Gewinn herbeiführe, so sagen wir, daß dies wahr ist, sofern keine Sonderung stattfindet, zum Beispiel, wenn wir Gold mit Silber verschmelzen; aber wenn eine Sonderung bleibt, so verliert das Niedere, zum Beispiel, wenn schöne Frauen zu häßlichen hinzukommen. Wenn daher die Meinung der Versemacher, vermischt mit den Worten, immer gesondert bleibt, so wird sie, sofern sie nicht sehr gut ist, vereinigt mit der besten Volkssprache, nicht besser, sondern schlechter erscheinen, wie eine häßliche Frau, wenn sie sich in Gold und Seide kleidet.




Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_130.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)