Seite:Dante Prosa 132.gif

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anderes würdig, ein anderes würdiger, ein anderes am würdigsten ist. Und da die Vergleichung der Würdigkeiten nicht denselben Gegenstand betrifft, sondern verschiedene, sodaß wir Den würdiger nennen, der größerer, und am würdigsten, der der größten Dinge würdig ist, weil nichts einer und derselben Sache würdig sein kann; so ist offenbar, daß die besten Dinge nach Erforderniß der Dinge der Besten würdig sind. Daher wenn die Sprache, welche wir die erlauchte nennen, die beste von allen Volkssprachen ist, so folgt, daß nur die besten Dinge würdig sind, in derselben behandelt zu werden, welche wir der Behandlung am würdigsten nennen. Welche nun diese sind, wollen wir jetzt nachforschen. Um dieselben ins Licht zu setzen, muß man wissen, daß, wie der Mensch ein dreifaches Leben hat, nämlich das Pflanzen-, Thier- und Vernunftleben, er eine dreifache Bahn wandelt. Denn dem Pflanzenleben zufolge sucht er das Nützliche, was er mit den Pflanzen theilt; dem Thierleben nach das Angenehme, was er mit den vernunftlosen Thieren theilt; dem Vernunftleben nach sucht er das Ehrenvolle, was er allein hat oder mit der Engelsnatur theilt. Auf diese dreifache Art scheinen wir zu thun, was wir thun, und weil in jeder von diesen dreien Einiges größer, Einiges am größten ist, scheint hienach Das, was das größte ist, am meisten behandelt werden zu müssen, und folglich in der bedeutendsten Volkssprache. Aber es ist zu untersuchen, was das Größte ist, und zwar zuerst in Dem, was nützlich ist, und wenn wir hiebei scharfsinnig die Absicht aller Derjenigen erwägen, welche den Nutzen suchen, werden wir nichts Anderes finden als das Wohlergehen; zum zweiten in Dem, was angenehm ist, wo wir sagen, daß Dasjenige am angenehmsten ist, was uns als köstlichster Gegenstand der Begehrung erfreut: dies ist aber die Liebe; zum dritten in Dem, was ehrenvoll ist, wo Niemand zweifelt, daß dies die Tugend sei. Daher scheinen jene drei, nämlich Wohlergehen, Liebe und Tugend,

Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_132.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)