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Dreizehntes Kapitel.
Von dem Verhältniß der Reime, und in welcher Ordnung sie in der Stanze zu stellen sind.


Auch dem Verhältniß der Reime wollen wir uns widmen, nichts jedoch von dem Reim an sich gegenwärtig abhandelnd; denn eine eigene Betrachtung derselben versparen wir auf die Zukunft, wenn wir von dem mittleren Gedichte handeln. Im Anfange dieses Kapitels scheint Einiges erschlossen werden zu müssen. Das Eine ist die Stanze oder der Reim[1], in welcher keine Reime erfordert werden, und Stanzen dieser Art gebrauchte am häufigsten Arnaldo Daniello, wie dort:

Sem fos Amor de gioi donar.

Und wir:

Al poco giorno ed al gran cerchio d’ombra.

Etwas Anderes ist die Stanze, deren sämmtliche Verse denselben Reim haben, worin es natürlich überflüssig ist, eine Regel zu suchen. So bleibt noch übrig, daß wir nur bei den gemischten Reimen anhalten müssen; und zuerst ist zu wissen, daß fast Alle hierin sich die weiteste Freiheit nehmen, und hieraus entsteht hauptsächlich die Lieblichkeit des ganzen Zusammenklangs. Denn es gibt Einige, welche nicht alle Ausgänge der Verse in derselben Stanze reimen, sondern dieselben wiederholen oder reimen in den andern, wie der Mantuaner Gotto, der seine vielen und guten Kanzonen uns wörtlich bekannt gemacht hat. Dieser mischte in der Stanze immer einen Vers ohne Begleitung ein und nannte diesen den Schlüssel,


  1. Oder der Reim (sive rithimus) scheint überflüssig.
Empfohlene Zitierweise:
Dante Alighieri: Dante Alighieri’s prosaische Schriften II. F. A. Brockhaus, Leipzig 1845, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_Prosa_155.gif&oldid=- (Version vom 31.7.2018)