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Haufen gehört hatten, erkannten sie sich gegenseitig und liebkosten einander mit ihren Antennen. Wären es fremde gewesen, so würden sie mit einander gekämpft haben. Wenn ferner zwei Ameisenhaufen mit einander in Kampf gerathen, so greifen die Ameisen einer und derselben Seite in der allgemeinen Verwirrung zuweilen einander an, bemerken aber bald den Irrthum, und die eine Ameise begütigt die andere.[1]

Unbedeutende Verschiedenheiten in der Färbung je nach dem Geschlecht sind in dieser Ordnung häufig, aber auffallende Verschiedenheiten sind selten, mit Ausnahme der Familie der Bienen; und doch sind beide Geschlechter gewisser Gruppen so brillant gefärbt, — z. B. bei Chrysis, bei welcher Gattung Scharlach und metallisches Grün vorherrschen, — dass wir dies als ein Resultat der geschlechtlichen Zuchtwahl anzusehen versucht werden. Der Angabe von Mr. Walsh zufolge[2] sind bei den Ichneumoniden die Männchen fast allgemein heller gefärbt als die Weibchen. Andererseits sind bei den Tenthrediniden die Männchen meistens dunkler als die Weibchen. Bei den Siriciden sind die Geschlechter häufig verschieden. So ist das Männchen von Sirex juvencus mit Orange gebändert, während das Weibchen dunkel purpurn ist; es ist aber schwierig zu sagen, welches Geschlecht das am meisten geschmückte sei. Bei Tremex columbae ist das Weibchen viel glänzender gefärbt als das Männchen. Wie mir Mr. F. Smith mittheilt, sind unter den Ameisen die Männchen mehrerer Species schwarz, während die Weibchen bräunlich sind.

In der Familie der Bienen, besonders bei den einzeln lebenden Arten, sind, wie ich von demselben ausgezeichneten Entomologen gehört habe, die Geschlechter öfters in der Färbung verschieden. Die Männchen sind allgemein die glänzenderen und bei Bombus ebensowohl wie bei Apathus viel variabler in der Färbung als die Weibchen. Bei Anthophora retusa ist das Männchen von einem gesättigten Röthlichbraun, während das Weibchen vollständig schwarz ist; ebenso sind die Weibchen mehrerer Species von Xylocopa schwarz, während die Männchen hellgelb sind. Andrerseits sind die Weibchen einiger Species, so bei Andraena fulva, viel heller gefärbt als die Männchen. Derartige Verschiedenheiten der Färbung können kaum dadurch erklärt werden, dass die Männchen vertheidigungslos sind und eines Schutzes bedürfen.


  1. P. Huber. Recherches sur les moeurs des Fourmis. 1810 p. 150, 165.
  2. Proceed. Entomolog. Soc. of Philadelphia. 1866, p. 238—239.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, I. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch1.djvu/396&oldid=- (Version vom 31.7.2018)