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ihn vollständig in Erstaunen versetzte“. Als er in die Nähe hinkroch, erblickte er zu seiner Verwunderung hundertundfünfzig der prachtvollen Leyervögel „in förmlicher Schlachtordnung aufgestellt und mit unbeschreiblicher Wuth kämpfend“. Die Lauben der Laubenvögel sind Zufluchtsorte beider Geschlechter während der Paarungszeit; und „hier treffen sich die Männchen und streiten mit einander um die Gunstbezeigungen der Weibchen, und hier versammeln sich die Letzteren und kokettiren mit den Männchen.“ Bei zweien der Gattungen wird dieselbe Laube während vieler Jahre besucht.[1]

Die gemeine Elster (Corvus pica L.) pflegt sich, wie mir Mr. Darwin Fox mitgetheilt hat, aus allen Theilen des Delamere-Waldes her zu versammeln, um „die grosse Elsternhochzeit“ zu feiern. Vor einigen Jahren waren diese Vögel in ausserordentlich grosser Anzahl vorhanden, so dass ein Wildwart an einem Morgen neunzehn Männchen und ein anderer mit einem einzigen Schusse sieben Vögel von einem Sitze zusammen schoss. Sie hatten damals die Gewohnheit, sich sehr zeitig im Frühjahre an besonderen Orten zu versammeln, wo man sie in Haufen sehen konnte, schwatzend, zuweilen mit einander kämpfend und geschäftig um die Bäume hin und her fliegend. Die ganze Angelegenheit wurde offenbar von den Vögeln als eine äusserst wichtige angesehen. Kurz nach der Versammlung trennten sie sich alle, und Mr. Fox beobachtete dann, ebenso wie Andere, dass sie sich nun für das ganze Jahr gepaart hatten. In einem Bezirke, in welchem eine Species nicht in grosser Anzahl existirt, können selbstverständlich keine grossen Versammlungen dieser Art abgehalten werden und eine und die nämliche Species mag auch in verschiedenen Ländern verschiedene Lebensweisen haben. So habe ich z. B. nur ein einzigesmal von regelmässigen Versammlungen der Birkhühner in Schottland gehört, von Mr. Wedderburn, trotzdem sind diese Versammlungen in Deutschland und Scandinavien so wohl bekannt, dass sie besondere Namen erhalten haben.

Nichtgepaarte Vögel. — Aus den hier mitgetheilten Thatsachen können wir schliessen, dass bei Vögeln, welche zu sehr verschiedenen Gruppen gehören, die Bewerbung oft eine sehr langdauernde, delicate und mühsame Angelegenheit ist. Es ist selbst Grund zu der


  1. Gould, Handbook to the Birds of Australia, Vol. I, p. 300, 308, 448, 451. Ueber das Schneehuhn, was oben erwähnt wurde, s. Lloyd, a. a. O., p. 129.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/108&oldid=- (Version vom 31.7.2018)