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verschafft hatten. Diese Gegenstände werden beständig anders angeordnet und von den Vögeln in ihrem Spiele umhergeschleppt. Die Laube des gefleckten Laubenvogels „wird schön mit langen Grashalmen ausgefüttert, welche so angeordnet werden, dass die Spitzen sich nahezu treffen, und die Verzierungen sind ausserordentlich reich“. Runde Steine werden dazu benutzt, die Grasstengel an ihrem gehörigen Orte zu halten und verschiedene zu der Laube hinleitende Pfade zu bilden. Die Steine und Muscheln werden oft aus einer sehr grossen Entfernung herbeigebracht. Der Prinzenvogel verziert nach der Beschreibung des Mr. Ramsay seinen kurzen Laubengang mit gebleichten Landmuscheln, welche zu fünf oder sechs Species gehören, und „mit Beeren verschiedener Farben, Blau, Roth und Schwarz, welche der Laube, wenn sie frisch sind, ein sehr nettes Aussehen geben. Ausser diesen fanden sich mehrere frisch abgepflückte Blätter und junge Schösslinge von einer rosa Färbung daran, so dass das Ganze einen entschiedenen Geschmack für das Schöne bekundete.“ Mr. Gould dürfte mit vollem Rechte sagen, dass „diese in hohem Grade verzierten Versammlungshallen als die wunderbarsten Beispiele von Vogelarchitectur betrachtet werden müssen, die bis jetzt entdeckt sind“; und wie wir sehen, ist der Geschmack der verschiedenen Species gewiss verschieden.[1]

Die Weibchen ziehen besondere Männchen vor. — Nachdem ich diese vorläufigen Bemerkungen über das Unterscheidungsvermögen und den Geschmack der Vögel gemacht habe, will ich nun alle die mir bekannten Thatsachen mittheilen, welche sich auf den Vorzug beziehen, welchen nachweisbar das Weibchen bestimmten Männchen gibt. Es ist sicher, dass sich im Naturzustande gelegentlich verschiedene Species von Vögeln paaren und Bastarde erzeugen. Hierfür liessen sich viele Beispiele anführen. So erzählt Macgillivray, wie eine männliche Amsel und eine weibliche Drossel „sich in einander verliebten“ und Nachkommen erzeugten.[2] Bis vor mehreren Jahren wurden achtzehn Fälle beschrieben, in denen in Grossbritannien Bastarde zwischen dem Birkhuhn und dem Fasan vorgekommen waren.[3] Aber die meisten


  1. Ueber die verzierten Nester der Colibri's s. Gould, Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 19. Ueber die Laubenvögel: Gould, Handbook to the Birds of Australia. 1865. Vol. I, p. 444—461. Mr. Ramsay in: The Ibis. 1867, p. 456.
  2. History of British Birds. Vol. II, p. 92.
  3. The Zoologist. 1853-54, p. 3946.
Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/118&oldid=- (Version vom 31.7.2018)