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der Bastarde in aufeinanderfolgenden Generationen in der Weise ab, wie Gärtner versichert, so müßte diese Thatsache unseren Plantagebesitzern bekannt sein. Blumenzüchter erziehen große Beete voll der nämlichen Bastarde; und diese allein erfreuen sich einer richtigen Behandlung; denn hier allein können die verschiedenen Individuen einer nämlichen Bastardform durch die Thätigkeit der Insecten sich unter einander kreuzen, und der schädliche Einfluß zu enger Inzucht wird vermieden. Von der Wirkung der Insectenthätigkeit kann jeder sich selbst überzeugen, wenn er die Blumen der sterilen Rhododendronbastarde, welche keinen Pollen bilden, untersucht; denn er wird ihre Narben ganz mit Samenstaub bedeckt finden, der von andern Blumen hergetragen worden ist.

Was die Thiere betrifft, so sind der genauen Versuche viel weniger mit ihnen veranstaltet worden. Wenn unsere systematischen Anordnungen Vertrauen verdienen, d. h. wenn die Gattungen der Thiere eben so verschieden von einander als die der Pflanzen sind, dann können wir behaupten, daß viel weiter auf der Stufenleiter der Natur auseinanderstehende Thiere noch gekreuzt werden können, als es bei den Pflanzen der Fall ist; dagegen sind die Bastarde, wie ich glaube, unfruchtbarer. Man darf jedoch nicht vergessen, daß, da sich nur wenige Thiere in der Gefangenschaft reichlich fortpflanzen, nur wenig ordentliche Versuche mit ihnen angestellt worden sind. So hat man z. B. den Canarienvogel mit neun andern Finkenarten gekreuzt, da sich aber keine dieser neun Arten in der Gefangenschaft gut fortpflanzt, so haben wir kein Recht zu erwarten, daß die ersten Kreuzungen zwischen ihnen und dem Canarienvogel oder ihre Bastarde vollkommen fruchtbar sein sollten. Ebenso, was die Fruchtbarkeit der fruchtbareren Bastarde in aufeinanderfolgenden Generationen betrifft, so kenne ich kaum ein Beispiel, daß zwei Familien gleicher Bastarde gleichzeitig von verschiedenen Eltern erzogen worden wären, so daß die üblen Folgen allzustrenger Inzucht vermieden wurden; im Gegentheil hat man in jeder nachfolgenden Generation, die beständig wiederholten Mahnungen aller Züchter nicht beachtend, gewöhnlich Brüder und Schwestern mit einander gepaart. Und so ist es in diesem Falle durchaus nicht überraschend, daß die einmal vorhandene Sterilität der Bastarde mit jeder Generation zunahm.

Obwohl ich keinen völlig wohlbeglaubigten Fall vollkommen fruchtbarer Thierbastarde kenne, so habe ich doch einige Ursache anzunehmen,

Empfohlene Zitierweise:
Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der begünstigten Rassen im Kampfe um's Dasein. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1876, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinEntstehung1876.djvu/342&oldid=- (Version vom 31.7.2018)