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„Wie – schon wach, Herr Gabler?“ rief Doktor Sprengel erfreut. „Sie müssen wirklich eine Bärennatur haben. Ein anderer hätte nach der starken Narkose noch stundenlang bewußtlos gelegen.“

Er war an mein Bett getreten und legte den Diamanten in meine matte Rechte.

Fest krampften sich meine Finger darum. – Endlich war er mein, endlich! Und doch – vergeblich wartete ich darauf, daß in meinem Herzen ein Gefühl der Freude aufkeimen sollte. Nicht an die Million, die mir mit diesem seltenen Stein jetzt gehörte, dachte ich, nicht an Ruhm und Ehren – nein, nur an all die Opfer, die das Kleinod gefordert hatte, an den Freund, der dort in der Fremde unter Palmen den letzten Schlaf schlief, an die Mutter, die einsam gestorben, einsam in die kühle Erde gebettet worden war.

Und in dem Augenblicke dämmerte mir zum ersten Male die niederdrückende Erkenntnis auf, daß ich nie mehr glücklich, nie mehr zufrieden werden würde – trotz des blauen Steines, den ich jetzt in meiner kraftlosen Hand hielt.




10. Kapitel.

Fast ein Vierteljahr verging, bis ich die Wohnung des Arztes dort draußen in dem Vorort verlassen konnte. Sprengel sah mich mit ehrlichem Bedauern scheiden. Durch das tägliche Beisammensein

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Auge des Brahma. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Auge_des_Brahma.pdf/109&oldid=- (Version vom 30.6.2018)