Seite:Das Auge des Brahma.pdf/120

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hier noch immer vorgenommen wird, wie ich, der ich noch vor einem Jahr heimlicher Zeuge eines solchen freiwilligen Todes auf dem Scheiterhaufen war, wohl mit Recht behaupten darf.

Im März dieses Jahres hörte nun der englische Resident Kelburne in Jaipur, einer am Rande der großen Thar-Wüste in nächster Nähe von Brolawana liegenden Stadt, von einem zum Christentum übergetretenen Brahmanen zum erstenmal etwas von einem sogenannten ‚Jenseits auf Erden‘[WS 1], einer bis dahin unbekannten, wahrhaft teuflischen religiösen Einrichtung des Brahmanismus. Der Betreffende erzählte, daß es inmitten der Thar-Wüste einen Gebirgszug von geringer Ausdehnung, aber desto gewaltigerer Höhe gäbe, in dessen Mitte sich eine unzugängliche Schlucht befinde, die allen den Brahmanen zum Aufenthalt diene, die einmal nach längerem Scheintode wieder zum Leben erwacht seien. Dorthin würden aus ganz Indien die Unglücklichen gebracht, die nach Auffassung der brahmanischen Religion im Zustande des Scheintodes bereits einen Blick in das Jenseits getan und daher das Anrecht auf eine Fortexistenz hier auf Erden verwirkt hätten. Willenlos sollten die Betreffenden sich von fanatischen Priestern fortführen lassen und geduldig die Strapazen einer oft wochenlangen Reise nach jenem versteckten Orte auf sich nehmen, alles in der Hoffnung, dadurch später besondere Bevorzugung in Brahmas Himmel zu genieße. –

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Von Walther Kabel erschien 1912 in der Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens hierzu auch der Beitrag Ein Jenseits auf Erden, den er im folgenden Abschnitt teilweise wörtlich übernommen hat.
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Auge des Brahma. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Auge_des_Brahma.pdf/120&oldid=- (Version vom 30.6.2018)