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er dann zurückkehrte und seinem Bruder, deinem Onkel Heinrich, der ein großer Edelsteinkenner war, den seiner Ansicht nach unechten Stein zeigte, erkannte dieser sofort, daß er einen Diamanten von unermeßlichem Werte vor sich hatte. Damals waren wir jung verheiratet und bauten nun die glänzendsten Zukunftspläne, da der Stein nach Schätzung deines Onkels Hunderttausende einbringen mußte. Die Schwierigkeit war nur, einen Käufer für ihn zu finden. Fast ein Jahr lang dauerten die vorsichtigen Nachfragen. Inzwischen wurdest du geboren, und mein Glück wäre vollkommen gewesen, wenn deinen Vater nicht die Sucht, den Diamanten um eine möglichst hohe Summe loszuschlagen, beständig gequält hätte. Heimlich habe ich oft heiße Tränen vergossen, da er selbst mich über seinen stets geheimgehaltenen Plänen zu vernachlässigen begann; habe die Stunde verwünscht, in der der blaue Stein in unser Haus kam. Eines Tages, es war im Sommer 1876, teilte dein Vater mir dann mit, daß er auf längere Zeit zusammen mit seinem Bruder verreisen müsse. Erst auf meine inständigen Bitten ließ er mich wissen, daß sie den Stein im Orient verkaufen wollten. Vergeblich habe ich damals meinen ganzen Einfluß aufgeboten ihn zurückzuhalten, seinen Bruder allein reisen zu lassen. Vergeblich waren meine Tränen, mein Flehen. Am 12. September schifften sich beide auf dem ‚Herkules’ in Hamburg ein. Ich habe sie nie wieder gesehen.

Erst nach zehn Jahren erhielt ich aus Kolombo auf Ceylon diesen Brief, den ich mir als

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Das Auge des Brahma. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Auge_des_Brahma.pdf/9&oldid=- (Version vom 30.6.2018)