Seite:Das Ausland (1828) 042.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Das Ausland. 1,2.1828

Bemerkungen über die geographischen Entdeckungen und den Grad der Civilisation im innern Afrika.
(Schluß.)

Was die Verbreitung des Unterrichts und die Entwicklung der Kenntnisse am Meisten aufhält, ist die Menge der Sprachen und Mundarten. In dem einzigen Bornu werden 10 verschiedene Sprachen gesprochen. Leute, welche arabisch können, sind nicht selten, und die Chuâns sprechen es sehr rein. Eine Idee von afrikanischer Beredsamkeit und Dichtkunst gibt der von dem Fürsten von Bornu nach der Niederlage seiner Feinde gedichtete Siegesgesang, welcher also anfängt: „wer vermag, die Thaten meiner Helden würdig zu preisen? Lächelnd begegnet ihr Auge dem Anblick des Todes, sie umarmen die Gefahr wie ein Mädchen, um deren Gunst sie buhlen; der Ruhm schmeckt ihnen süßer, als frischer Honig, oder als ein Kuß.“

Da wir nicht im Stande sind, mehr als flüchtige Blicke auf die physische Geographie Sudan’s zu werfen, auf seine Erzeugnisse, seine klimatischen Verhältnisse, sein Thierreich,[1] auf die Form und Erhöhung seines Bodens, woraus sich der Lauf der innern Gewässer, ihre vermuthlichen Verbindungen und ihre wirklichen Abflüsse ergeben würden – alles Gegenstände, die noch immer sehr problematisch oder ganz ungewiß sind; da die Angaben der unterrichtetsten Einwohner sich oft im Wesentlichen widersprechen, so wollen wir wenigstens nicht ermangeln, den Reisenden, welche die Bahn gebrochen haben, den gerechten Tribut unsrer Huldigung darzubringen. Beinahe in demselben Augenblick, wo man die Spuren von Laperouse im Herzen des stillen Ozeans entdeckt, werden Mungo Park’s letzte Fußstapfen in Afrika gefunden. Man weiß jetzt, daß sich der unglückliche Park, auf seiner Flucht von Sakkatu, fünf Tagreisen südlich von dieser Stadt, in Yuri auf dem großen Fluß einschiffte, noch entsetzt über die Aufnahme, die ihm in Dschenni und Tombuktu geworden war, und daß er nach Bußa kam. Hier strandete sein Fahrzeug an den Felsen, welche die Schiffahrt auf dem Flusse gefährlich machen; in demselben Augenblick angegriffen kam er in dem doppelten Kampfe mit den Elementen und den Barbaren um. Eines seiner Tagebücher blieb im Besitze des Sultans von Yuri, und man hat die Hoffnung nicht aufgegeben, es vielleicht für das gelehrte Europa noch zu gewinnen.

Auch die Fußstapfen Fr. Hornemann’s sind wieder aufgefunden. Er starb in Niffe nach einer sechstägigen Krankheit; man hat diese Nachricht von einem Augenzeugen. Ein Gelehrter dieser Stadt, bei dem er gewohnt, hatte eines seiner Manuscripte lange als eine Kostbarkeit aufbewahrt, das aber seit kurzem der Aberglaube vernichtet hat. Das Haus, der Herr und die Papiere wurden in Asche verwandelt. So waren die beiden berühmten Reisenden sehr weit und auf derselben Seite vorgedrungen und beide kamen in nicht bedeutender Entfernung von einander um. Es ist dieß dieselbe Gegend, in welcher sich nach den vorhandenen Nachrichten Kapitän Clapperton seit mehr als einem Jahre befinden sollte. Nachdem er das sehr hohe Gebirg unterhalb Racka überstiegen, suchte er seiner glorreichen Reise dadurch die Krone aufzusetzen, daß er seine Entdeckungen im Süden mit denen im Osten verband; während seiner Seits Major Denham, nicht minder berühmt durch seine Leistungen, als durch den unerschrockenen Muth, den er im Feldzuge gegen die Fellâtas auf so ausgezeichnete Weise an den Tag legte, sich nach der Insel Fernando-Pô begab, um seinem Vaterlande die Vortheile des Handels und der Schiffahrt auf dem großen Fluß, überhaupt aber die unschätzbare Ehre der Civilisirung des innern Afrika’s zu sichern. Ein merkwürdiger Umstand ist, daß in demselben Jahr 1826 der Major Gordon Laing, nachdem er zwei von seinen Leuten auf der Straße von Tripoli verloren und selbst eine Wunde erhalten hat, glücklich den Mauren der großen Wüste entgeht und wohlbehalten in das Königreich Tombuktu gelangt. Vielleicht befindet er sich jetzt an dem See Dschenni, reicht dort dem unermüdlichen Clapperton die Hand, und indem er zuerst die Stadt betritt, die den Argonauten der Geographie so lange entgangen war, erringt er die Palme, welche die Wissenschaft dem Genius der Entdecker darreicht. Ruhmvoller Wettkampf für England! Erhabenes Schauspiel, worauf die Augen beider Welten gerichtet sind! Großes und ehrenwerthes Beispiel für alle Völker, welche


  1. Nicht selten sieht man auf den Märkten junge Löwen verkaufen; der König von Bornu machte den englischen Reisenden einen zum Geschenk. Denham spricht von 16 Fuß hohen Elephanten; im Mandara giebt es Leoparden von 8 Fuß Höhe. Die gefährlichsten, wenigstens beschwerlichsten Thiere sind nicht Löwen, Hyänen, Elephanten, Schlangen und Krokodille, sondern die zahllosen Musquitos, die auch den Tod des jungen Toole, des Reisegefährten Denham’s beschleunigten. Der Yeu und Schary sind die bis jetzt bekannten Hauptflüsse. Ersterer ist 150–450 Fuß breit, und hat in 1 Stunde 11/2 Stunden Gefälle; der letztere ist 1050 und mehr Fuß breit, und ein Arm von ihm soll östlich durchs Gebirge gehen. Derselbe Fall ist es mit dem Quolla oder Quarra, der in der Richtung von Sego nach Tombuktu bey Yuri vorbeifließt und mit dem Dioliba für identisch gehalten wird. Wichtig wäre die Existenz eines Flusses, der den Quarra mit dem Yeu verbände, aber die Untersuchungen darüber sind noch höchst unvollständig: die Engländer haben den Yeu zu oft verlassen, um über die Quelle und den Lauf dieses Flusses etwas mit Sicherheit angeben zu können. Im Osten des Tschadsees gibt es keinen Fluß. Der Boden im Süden von Mandara ist von primitiver Formation; Die Berggipfel sind 2,500 Fuß hoch; zwischen ihnen liegen Seen; weiter südlich sind Berge, die man 3–4000 Fuß hoch schätzt. Der Granitboden dehnt sich von Mandara westlich bis Kano aus und scheint sich dann allmählig zu senken, wo der Scheidepunkt anfängt; indem die Wasser auf der einen Seite westlich, auf der andern östlich ablaufen. Haußa enthält Blei, Kupfer, Gold, Alaun, Salz und Antimonium.
Empfohlene Zitierweise:
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_042.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)