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Das Ausland. 1,2.1828

ihren Theil der Beschatzung zu decken, selbst wenn Verträge und Erbeinsetzungen entgegenständen; außerdem sollten sie berechtigt seyn, von allen hypothekarischen und anderen Lasten 10 p. C. abzuziehen.

Wollte man jetzt einen solchen Versuch machen, so wäre ohne Zweifel eine weit größere Beschatzung nothwendig, als Hutcheson vorschlug. Nehmen wir das Capital der fundirten Schuld zu 760 Millionen an, und lassen die Beschatzung 24 pc. betragen, so sind noch 578 Millionen erforderlich, um die ganze Schuld zu tilgen. Aber angenommen, daß für den Anfang nur die Hälfte der Schuld, also 280 Millionen abbezahlt werden sollten, so ist es keinem Zweifel unterworfen, daß wir im Stande sind, diese Summe aufzubringen. Obgleich wir sehr wohl die vielen Hindernisse sehen, die einer solchen Maßregel entgegenstehen, so sind wir doch überzeugt, daß dieselben durch Klugheit und Festigkeit zu besiegen sind, und was die angebliche große Aufopferung betrifft, so glauben wir nicht, daß dieselbe mit dem daurenden Vortheil verglichen werden kann, der aus einer so bedeutenden Verminderung der Staatsschuld für das Land entspringen würde. Eine Besteurung von 12 pc. auf das Capital des Landes würde hinreichen, die Staatsschuld zur Hälfte abzutragen. Pitt berechnete das besteuerbare Einkommen von Großbritannien im Jahre 1798 – das Einkommen, was von Gewerben, von den Interessen der Staatsfonds und von auswärtigem Eigenthum herrührt, ungerechnet – auf 106 Millionen, die ein Capital von 2120 Millionen voraussetzen. Man hat keinen Grund zu glauben, daß diese Berechnung zu hoch sey. Dr. Beeke schätzt in seiner vortrefflichen kleinen Schrift über Einkommensteuer das ganze Capital von Großbritannien, welches Privatleuten gehört, auf 2000 Mill.

Man muß bemerken, daß keine von diesen beiden Schätzungen Irland mitbegreift; da aber das ganze Reich gleichen Vortheil von der Reduktion der Schuld hat, so muß auch jeder Theil desselben gleich contribuiren. Wir haben keine Materialien zur Hand um das Capital von Irland anschlagen zu können, aber gesetzt, es machte den sechsten Theil vom Capital von Großbritannien aus, also 333 Millionen, so gäbe dies eine Summe von 2333 Millionen für das Capital vom ganzen Reich, eine Angabe, die noch um 300 Millionen niedriger ist, als die von Colquhouns[WS 1].

Aus diesem Anlage geht hervor, daß eine Besteuerung von ungefährt 12 Prozent hinreichen würde, die Hälfte der Nationalschuld abzutragen. Wenn wir nun daran erinnern, daß die reine Einnahme (die Anlehen ungerechnet), die während der letzten drei Jahre des Krieges in die Schatzkammer geflossen ist, 225 Millionen beträgt, so muß jedermann zugeben, daß es ganz in unserer Macht steht, mit einiger weniger Anstrengung wenigstens doch die Hälfte der Schuld zu tilgen.

Zugleich ist klar, daß dieser Plan für die Capitalinhaber keine besondere Härte enthält. Ein Mann, der ein Vermögen von 10,000 Pf. St. besitzt, die ihm 500 Pf. Ertrag geben, von denen er vielleicht 100 Pf. abgeben muß, damit die Zinsen der Statsschuld ausbezahlt werden können, besitzt doch in der That nicht mehr als 8000 Pf,; er ist gleich reich, er mag nun fortwährend 100 Pf. jährlich bezahlen, oder 2000 Pfund auf einmal hergeben. Die Folgen, welche das letztere Verfahren nach sich zieht, bringen ihm aber außerdem wirklich reinen Gewinn, nämlich den vergrößerten Gewinn vom Capital, und sonstige Nebenvortheile.

Die Gegner dieses Plans wenden ein, daß es schwer sey, die Beschatzung gehörig zu vertheilen: Die Grundbesitzer müßten auf jeden Fall ihren vollen Antheil bezahlen; aber die Classen, die ihr Vermögen in baarem Gelde besäßen, die Kaufleute und Manufacturisten, könnten leicht machen, daß ihr Antheil bedeutend kleiner ausfiele, als der hätte seyn sollen. Daß diese Behauptung in gewissem Grade wahr ist, läßt sich nicht läugnen; aber dasselbe läßt sich von allen Abgaben sagen: keine läßt sich so einrichten, daß sie alle Classen gleich sicher trifft, und gleich stark drückt, und deshalb hat doch noch Niemand behauptet, daß gar keine Abgaben aufgelegt werden dürften. Man muß suchen die Beschatzung so gleich zu vertheilen, wie möglich; und die Ungleichheit, die dennoch statt finden würde, käme gegen die Vortheile nicht mehr in Anschlag, als die Ungleichheit in unserem jetzigen Abgabesystem im Vergleich mit den Vortheilen, die für uns aus der Regierung und der Beschützung unserer Personen und unseres Eigenthums entspringen, in Betracht kommen. Die Einkommensteuer wurde in den letzten Jahren mit sehr großer Billigkeit ausgeschrieben, und es ist nicht einzusehen, warum eine Capitalsteuer nicht ebenso leicht vertheilt werden könnte, als jene. Weil diese Abgabe nur einmal zu entrichten wäre, so könnte man auch füglich eine Commission mit großer Vollmacht niedersetzen, die vielleicht zu viel Gewalt haben würde, wenn sie die Vertheilung einer fortlaufenden Steuer vorzunehmen hätte.

(Schluß folgt.)




Ueber die politische Lage der aus dem spanischen Amerika hervorgegangenen neuen Staaten.

Von Everett.




(Fortsetzung.)

Auf den ersten Blick muß die Uebereinstimmung der Verfassungen, welche sich die ehemaligen spanischen Colonien gegeben haben, mit der Verfassung der Vereinigten Staaten in die Augen fallen.

Auch sie haben ein repräsentativ-demokratisches System eingeführt, auch sie haben eine einzige oberste Magistrats-Person an die Spitze der Verwaltung gestellt, auch sie haben zwei legislative Körperschaften, deren Mitglieder, wie die höchste administrative Behörde, vom Volke erwählt werden. Die ganze äußere Verfassung von Nord- und Südamerika ist in allen nur irgend wesentlichen Punkten dieselbe. Drei oder vier der neuen Staaten haben sogar auch das Föderativsystem angenommen, und alle übrigen neigen sich mehr oder weniger zur Aufnahme desselben hin. Wo dasselbe noch keine positive Gültigkeit hat, ist freilich eine Unähnlichkeit vorhanden, der wir aber doch keine so hohe Bedeutung beilegen können, daß wir

Anmerkungen (Wikisource)

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: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_064.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)